Wie lassen sich automatisierte und vernetzte Fahrzeuge sinnvoll in ein nutzerfreundliches, effizientes und nachhaltiges Mobilitätssystem der Zukunft einbinden? Dieser Frage steht im Zentrum der Studie "Neue autoMobilität", welche die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (acatech) am 11. September 2019 auf der IAA New Mobility World in Frankfurt vorgestellt hat. Die Studie wurde geleitet von Prof Karsten Lemmer, Mitglied der acatech und Vorstand des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) für die Forschungsbereiche Energie und Verkehr. Wissenschaft, öffentliche Verkehrsunternehmen, Kommunen, Automobilbranche und Mobilitätsdienstleister haben an diesem Konzept für den Verkehr der Zukunft mitgewirkt.
Zukunftsbilder zeigen Lösungsansätze auf
Zwölf sogenannte Zukunftsbilder beschreiben mögliche Entwicklungen hin zu einem integrierten Mobilitätskonzept der Zukunft. Sie zeigen, wie ein automatisierter und vernetzter Verkehr natürliche Ressourcen, Raum, Fahrzeuge und Infrastrukturen besser nutzen und auf diese Weise Städte und Kommunen entlasten kann: Mobility Hubs, Carsharing oder selbstparkende Fahrzeuge sparen Raum, der für Wohnen und Leben frei wird. Zeitlich und räumlich flexible Preise für die Nutzung von Straßen und öffentlichen Verkehrsmitteln (Mobility Pricing) sorgen für eine gleichmäßigere Auslastung, die Verkehrsinfarkte verhindert und Fahrverbote unnötig macht. Automatisierte Züge fahren Strecken an, die heute stillgelegt sind. Fahrzeuge warnen sich gegenseitig in gefährlichen Situationen. Dank klarer gegenseitiger Signale wird aus dem täglichen Verkehrschaos von heute ein kooperativer Mischverkehr, in dem die Verkehrsteilnehmer viel besser miteinander agieren und Rücksicht aufeinander nehmen können.
Verkehrsträger vernetzen und zusammenführen
"Wir können individuelle Mobilität – ob mit dem Auto, Fahrrad oder zu Fuß – viel besser mit dem öffentlichen Nahverkehr und neuen Mobilitätsdiensten verbinden und neue Möglichkeiten der Vernetzung und Automatisierung nutzen. Ein intelligenterer Verkehr schützt Umwelt und Klima, nimmt weniger Raum ein, verbessert die Lebensqualität und birgt ein enormes volkswirtschaftliches Potenzial. Es gibt dabei nicht die eine Mobilität 2030 – sie muss zu den Städten und Kommunen passen und wird von den Menschen vor Ort gestaltet. Wir sehen Städte und Kommunen deshalb im Zentrum beim Aufbau besserer Mobilitätssysteme", beschreibt Projektleiter und DLR-Vorstand Prof. Karsten Lemmer.
Steffen Bilger, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur (BMVI):"Wir erleben zurzeit, wie sich Mobilität rasend schnell verändert. Die acatech-Studie zeigt in ganz konkreten Szenarien, wie innovative Konzepte unser Leben nachhaltig verbessern: Der Verkehr wird vernetzt, egal ob in der Logistik oder im öffentlichen Personennahverkehr. Pendler können per App verschiedenste Verkehrsmittel miteinander kombinieren, egal ob Fahrrad, E-Scooter oder Carsharing-Fahrzeug. Dank selbstfahrender Busse und Züge bleiben wir künftig bis ins hohe Alter mobil, auch in ländlichen Gebieten. Die Mobilität der Zukunft beginnt jetzt - und wir sind mittendrin."
Kommunen als Träger der Mobilitätsgestaltung stärken
Kommunen spielen eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, die Mobilität von morgen entsprechend den Bedürfnissen der Menschen vor Ort zu gestalten: "In der vernetzten Mobilität 2030+ werden die Menschen von Nutzern zu Gestaltern, sie ist ein Gemeinschaftswerk. Sie erfordert Mitentscheidung, etwa bei der Einführung flexibler Gebühren für die Nutzung von Straßen und ÖPNV, und sie erfordert Mitwirkung, beispielsweise beim freiwilligen Teilen anonymer Mobilitätsdaten mit der kommunalen Verkehrssteuerung, um das Verkehrsnetz zu verbessern", so Karsten Lemmer.
Ökosystem für Mobilitätsdaten schaffen
Der vernetzte, automatisierte Verkehr beruht auf Daten, die zwischen den verschiedenen Verkehrsteilnehmern in Echtzeit ausgetauscht werden. Kommunen bilden das Zentrum dieses Ökosystems für Mobilitätsdaten. Sie spielen und müssen deshalb unabhängig von ihrer Größe und Lage dazu befähigt werden – finanziell und in den Kompetenzen. Sie müssen berechtigt und in der Lage sein, Daten und Informationen in ihre lokale Verkehrsplanung zu integrieren, um ihrem Auftrag der Daseinsvorsorge und Gemeinwohlorientierung gerecht zu werden. Verkehrsangebote können auf Basis dieser neu verfügbaren Daten besser vernetzt und aufeinander abgestimmt werden.