Münster - (pbm/acl) - Es ist eine Bewegung, die für viele aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken ist: Sie „swipen“, also wischen und tippen, auf der Bedienoberfläche ihres Smartphones hin und her, um miteinander zu kommunizieren, Fotos aus ihrem Leben zu teilen oder virtuell einzukaufen. Yoana Tuzharova entlockt dem Chatten, Shoppen und Liken eine künstlerische Dimension: Im Kirchenfoyer stellt die visuelle Künstlerin aus Münster die Fettspur des Swipes auf dem Handy-Display als malerischen Rückstand des Alltags dar. Ihre Arbeiten sind noch bis Sonntag, 25. Oktober, täglich von 11 bis 16 Uhr zu sehen.
Die gebürtige Bulgarin, die in ihrer Heimat zunächst Wandmalerei lernte, hat in Münster die Kunstakademie besucht und dort „Kunst im öffentlichen Raum“ studiert. „Ich versuche eine Sprache zu finden, um das, was mich beschäftigt, in einem bestimmten Raum zum Ausdruck zu bringen“, erklärt die 33-Jährige. Neben verschiedenen eigenen Ausstellungen hatte Yoana Tuzharvoa 2018 anlässlich des Katholikentages auch bei der Ausstellung „Biete Frieden“ im und am St.-Paulus-Dom mitgewirkt.
Bereits im vergangenen Jahr hat sie sich künstlerisch damit auseinandergesetzt, inwiefern sich die digitale und analoge Welt vermischen. „Unsere alltäglichen Entscheidungen in der virtuellen Welt werden gespeichert, aber nicht nur im Cache und in der Timeline, auch mit unserem Finger auf dem Display hinterlassen wir eine Spur“, erklärt Yoana Tuzharova. Für das Kirchenfoyer mit seiner Glasfassade hat die Künstlerin die Serie von Fotografiearbeiten weiterentwickelt. Immer wieder hat sie ihr Handy-Display abfotografiert, mit Licht und Spiegelungen gearbeitet, und schließlich die Bilder vergrößern lassen – teilweise auf bis zu 2,80 mal 1,40 Meter große Stoffbahnen.
Weil diese durch das Fensterglas von außen zu sehen sind, erinnert ihre Oberfläche wieder an ein Handy-Display. Und noch einen weiteren Effekt hat die Künstlerin eingebaut: Die Passanten, die die Bilder von außen betrachten, werden als Reflexionen ins Bild geholt. Das passt zum Titel der Ausstellung „Pentimentum – Refugium der Zukunft“. Der lateinische Begriff, angelehnt an den Begriff „Pentiment“, bezeichnet in der Kunst das Verändern von Grafiken und Gemälden während des künstlerischen Schaffensprozesses. Yoana Tuzharova greift diesen Gedanken auf: „Wenn wir uns mit dem Smartphone in der virtuellen Welt bewegen, impliziert das die Hoffnung, eine bessere Gestalt von sich selbst zu schaffen, sich über Facebook, Instagram und Co. zu optimieren.“
Rupert König, Leiter des Kirchenfoyers, und Gabriele Sobke sowie Karin Dame vom Kunstkreis der Einrichtung freuen sich über die erste richtige Ausstellung in den Räumen seit März: „Während der Corona-Pandemie hat die Kunst- und Kulturszene stark gelitten. Wir möchten ein Zeichen setzen und es gerade jungen Künstlerinnen und Künstler ermöglichen, ihre Arbeit in die Öffentlichkeit zu bringen“, sagt König.Foto: Bischöfliche Pressestelle/Ann-Christin Ladermann