Russland habe bisher trotz wiederholten Aufforderungen "keine glaubhafte Erklärung" für Nawalnys Vergiftung geliefert, erklärten Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) und sein französischer Kollege Jean-Yves Le Drian am Mittwoch gemeinsam. "Daher sind wir der Ansicht, dass es keine andere plausible Erklärung für die Vergiftung von Herrn Nawalny gibt als eine russische Beteiligung und Verantwortung."
Deswegen wollten beide Länder Strafmaßnahmen auf europäischer Ebene gegen Russland herbeiführen: "Frankreich und Deutschland werden die notwendigen Schlüsse aus diesen Tatsachen ziehen und ihren europäischen Partnern Vorschläge für zusätzliche Sanktionen unterbreiten", kündigten die beiden Außenminister an.
"Die Vorschläge werden auf Einzelpersonen abzielen, die aufgrund ihrer offiziellen Funktion als verantwortlich für dieses Verbrechen und den Bruch internationaler Rechtsnormen gelten", erklärten die Minister. Die Sanktionen sollten überdies auch eine "Einrichtung" treffen, "die in das Nowitschok-Programm eingebunden ist".
"Ein Mordversuch hat auf russischem Boden stattgefunden", erklärten die Minister weiter. "Er richtete sich gegen einen russischen Oppositionellen und wurde mit einem von Russland entwickelten militärischen Nervenkampfstoff verübt." Russland habe bislang nicht der Aufforderung Folge geleistet, "die Umstände dieses Verbrechens vollständig aufzuklären und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen".
Die Regierungen von Frankreich und Deutschland "bringen gegenüber Herrn Nawalny und seiner Familie erneut ihre uneingeschränkte Solidarität zum Ausdruck und übermitteln ihm beste Wünsche für eine baldige Genesung", hieß es weiter in der gemeinsamen Erklärung.
Die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) hatte zuvor den Nowitschok-Befund mehrerer Labore am Dienstag bestätigt. Der bekannte Kreml-Kritiker Nawalny war am 20. August auf einem Flug vom sibirischen Tomsk nach Moskau zusammengebrochen. Zwei Tage später wurde er auf Drängen seiner Familie und Unterstützer zur Behandlung in die Berliner Universitätsklinik Charité gebracht.
pw/cp
© Agence France-Presse