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„Ärzte für Aufklärung“ missbrauchen Vertrauen

Berlin – Das Bezirksamt von Neukölln warnt vor Irreführung durch Flugblätter der Gruppierung „Ärzte für Aufklärung“. Die Handzettel waren an mehreren Orten in dem Berliner Bezirk aufgetaucht.


Darauf schürten die Autoren Angst vor einer vermeintlichen Zwangsimpfung gegen CO­VID-19 und stellten die aktuelle Situation in einem frei erfundenen Kriterienkatalog als „Fake Pandemie“ dar, heißt es in einer Mitteilung des Bezirksamts.

Damit werde gezielt mit den bestehenden Ängsten der Empfänger gespielt und Ver­schwö­rungsmythen reproduziert. Zudem ignorierten die Verfasser bewusst, dass die Bun­desregierung eine Impfpflicht im Fall von COVID-19 bereits mehrfach ausgeschlossen habe.

„Diese Art der Desinformation hat eine neue Qualität“, wird Gesundheitsrat Falko Liecke in der Mitteilung zitiert. „Bisher kursierten solche Irreführungen in den sozialen Medien. Jetzt kommen sie ungebeten in Neuköllner Briefkästen.“ Er appelierte an die Bürger, sich umfassend auf seriösen Websites zu informieren, etwa auf dem Internetauftritt des Robert Koch-Instituts.

Man distanziere sich ganz klar von der Gruppierung „Ärzte für Aufklärung“, sagte der Prä­sident der Ärztekammer Berlin, Günther Jonitz, dem Deutschen Ärzteblatt. Mehrere Unter­stützer der Gruppe praktizieren nach eigenen Angaben in der Hauptstadt. „Wir werden ge­gen jeden Einzelfall berufsrechtlich vorgehen“, so Jonitz.

Die drei Hauptinitiatoren der Gruppierung stammen aus Hamburg. Auch dort distanzierte sich die zuständige Ärztekammer in den vergangenen Wochen in unterschiedlichen Me­dien mehrfach ausdrücklich von Äußerungen der „Ärzte für Aufklärung“.

„Ich finde es persönlich erschütternd, dass ärztliche Kollegen Thesen fernab jeglicher Sachlichkeit vertreten und Falschinformationen zu einigen Themen, unter anderem zur Impfung verbreiten", sagte Pedram Emami, Präsident der Ärztekammer Hamburg, auf Anfrage des Deutschen Ärzteblatts.

„Besonders schlimm ist, dass damit das Vertrauen zum ärztlichen Berufsstand miss­braucht wird und damit viele Menschen unnötig und zu Unrecht verunsichert werden“, so Emami weiter.

Berufsrechtlich gegen die Verteilung von Flugblättern vorzugehen, könne jedoch schwie­rig sein, ergänzt eine Sprecherin der Ärztekammer Hamburg. Es handele sich dabei nicht um einen Verstoß im unmittelbaren beruflichen Kontext.

Anders sei dies bei der Ausstellung falscher Atteste, die in den vergangenen Monaten häu­figer im Zusammenhang mit COVID-19 aufgetaucht waren und etwa auch nicht ge­sundheitlich beeinträchtigte Patienten vom Tragen einer Maske befreien sollten. Dabei handele es sich um einen klaren Verstoß gegen Paragraph 25 der Berufsordnung, so die Sprecherin.

Nach Angaben des Bezirksamt Neukölln haben sich die Ärztekammern mehrerer Bundes­länder von der Gruppe „Ärzte für Aufklärung“ distanziert und auf die Einhaltung von be­rufsethischen Standards hingewiesen. Demnach „müsse die persönliche Meinung erkenn­bar von der Ausübung der ärztlichen Tätigkeit abgegrenzt sein“, heißt es in der Mittei­lung.

© alir/aerzteblatt.de

Titelbild: Demonstration gegen Corona-Maßnahmen in Berlin/picture alliance, Fabian Sommer