In Berlin wurde vor
kurzem wieder ein besetztes Haus geräumt. Da wird von Mietschulden
in Höhe von 20 000 Euro gesprochen und von Sammelleidenschaft, wenn
sich Matratzen türmen. Die Frage lautet
1. was geht es andere an, was ich sammle, horte oder beheimate, wenn einer die Hütte mit Wackeldackeln voll stellt, maßt man sich ja auch keine öffentliche Meinung an, obwohl diese Leidenschaft meines Erachtens auch nicht weniger geschmacklos ist und
2. Warum darf man etwas als Mietschuld bezeichnen, obwohl man angeblich die Miete gar nicht legitimierte? Und warum darf ein Polizeieinsatz von Medien begleitet werden? Geht es hier wirklich um Recht und Ordnung oder nur um das Vorführen von Andersdenkenden? Das Anprangern einer Subkultur die nicht dem Mainstream entspricht?
Als Günther Grass in
seinem letzten Buch „Beim Häuten der Zwiebel2 seine adoleszente
Tendenz zum Nationalsozialismus beichtete, stellte man ihn ebenfalls
an den Pranger, er sei “ein rechtes Schwein“ und als man bei
Ratzinger ähnliche Ereignisse in der Vergangenheit offenlegte,
definierte man den heute emeritierten Papst ähnlich.
Frage 1.: Darf man
ein ganzes Leben nach Momenten bewerten? Und
2. Leben wir in einer meinungsfreien Demokratie oder einer mainstreamigen Diktatur des Pöbels, der für zu dumm gehalten wird, sich seine eigene Meinung zu machen?
Wenn man die Bilder nur unkommentiert zeigen würde, also von den besetzten Häusern beispielsweise, käme man objektiver Berichterstattung noch am nächsten, und es gäbe wenig Anlass zur Kritik, aber selbst dann: was hat scheinbar illegitimes Wohnen mit Vorführung der Wohnverhältnisse zu tun, darf ich nicht leben wie ich will? Und wenn ich das darf, darf das dann nicht jeder? Oder anders gefragt, darf Oma Käthe nicht nur deshalb spießig leben, weil auch „Zecke“ sein Bett mit Bierflaschen flankiert? Beruht nicht beides auf dem gleichen Grundgesetz?
Ich habe viele dieser Assis als Nachbarn geschätzt, nicht weil ich ihren Lebensstil teilte, sondern ihre Loyalität und Standhaftigkeit. Kein Linker oder Rechter hat mir je Drogen in die Cola gegossen, aber die scheinbare Demokratie zwangsernährt mich ständig mit ihren scheinbaren Wahrheiten und warum regt das keinen mehr auf?
Als Till, Schweiger
sein Haus in Berlin räumen ließ, war es das gleiche: der Gutmensch
lässt mit Hundertschaften Besitz räumen, interessant,
wahrscheinlich hat er sich selbst aufgrund seines Lispelfehlers für
kommunikativ unfähig gehalten, aber ich wohnte damals nebenan und
habe es nicht erlebt, dass er mit einem Dolmetscher dort aufgelaufen
ist. Mich kotzte diese Scheinheiligkeit mit 16, 18, 20 und 30 an und
das tut sie auch noch mit 44.
Aber die meisten in meinem Umkreis sind ebenfalls satt und fett geworden, haben Sternburg Pilsener gegen Veltins getauscht, S-Bahnsurfen durch Kitesurfen und „Nazis raus“ durch "Rosamuinde“. Wer hat hier wohl wen verraten?
Es ist ja ok. Seine Meinung zu ändern, auch in eine Richtung, die mir nicht passt, aber verdammt noch eins, das ist dann meine Sache und meine Angelegenheit, und es gibt keinen Grund, das zur allgemeinen Maxime zu deklarieren, nur weil man plötzlich 20 Millionen statt 20 Tausend ist.
Wie konnte es passieren, dass aus „Proletarier aller Länder vereinigt euch ein „Spießbürger aller Länder vereinigt euch“ wurde? Warum kämpft man gegen die, die die Freiheit erhalten wollen, statt gegen die, die sie abschaffen? Ich will keine Willkür und ich will auch keine Anarchie, aber mir ist lieber eine Dose Bier auf dem Boden als ein Punk im Knast, und wenn ich wählen müsste, drückte ich lieber meine Kippe auf einem Teller mit Pommes als eine E-Zigarette auf einen USB Stick.
In diesem Sinne: lieber Ficken für den Frieden als Schweigen für den Krieg