Nachgedacht haben die Gründer der Tafel Münster schon vor 22 Jahren. Die Idee die Verschwendung von Lebensmitteln zu reduzieren und gleichzeitig Bedürftigen zu helfen, klingt simpel und genial. Eine Organisation zu etablieren und zu führen, die allein auf die Unterstützung ehrenamtlicher Mitarbeiter-/innen basiert und den vielfältigen logistischen Anforderungen gerecht zu werden, war und ist auch gerade in der heutigen Zeit, nicht immer einfach.
Die Zahl der Bedürftigen steigt stetig. Das Stichwort Altersarmut ist bekannt. Das nun in einigen Städten zunehmend Studenten auf die Tafel angewiesen und bezugsberechtigt sind, ist unter anderem den hohen Lebenshaltungskosten und dem teuren Wohnungsmarkt zu schulden. Auch bleibt bei dem eng getakteten Studium oft wenig Zeit für Nebenjobs. Trotz Bemühungen seitens der Tafel gibt es diese Berechtigung in Münster zurzeit noch nicht.
Das die Münsteraner Tafel als eine der wenigen Tafeln im Lande während der Corona Pandemie durchgehend geöffnet bleiben konnte, hat sie nun ausgerechnet auch der freiwilligen Unterstützung durch Studenten zu verdanken, denn die sonst so engagierten Helfer aus der Gruppe der Rentner, zählen seit Ausbruch von Covid 19 zur Risikogruppe und sind zurzeit ausschließlich im sicheren Hintergrund eingesetzt. Der Aufruf über Presse, TV und die Corona Hilfe trug schnell Früchte. "Etwa 70 Studenten sind derzeit für die Tafel im Einsatz" so Wolfgang Wittler, der seit 13 Jahre ehrenamtlich hilft und für die Einsatzplanung und die Organisation der Lebensmittelverteilung für diverse Ausgabestellen verantwortlich ist. Eine echte Bereicherung seien die jungen Leute, äußert sich Wittler und "ich selbst fühle mich, wie in einen Jungbrunnen gefallen." Die Motivation der Studenten ist sicher genauso individuell wie die Menschen selbst. Viele treibt der Wunsch, sich aktiv gegen die Lebensmittelverschwendung zu engagieren. Es macht nachdenklich und hoffnungsvoll wie sehr sich der Gedanke Nachhaltigkeit bereits in den Köpfen der jungen Generation verankert hat. Abzuwarten bleibt, wie der Semesterbeginn die Fluktuation der Helfer beeinflusst. "Es wäre toll, wenn sich noch mehr Studenten bei uns melden, damit wir einen soliden Pool bilden und dann noch besser auf die zeitlichen Kapazitäten des Einzelnen eingehen können". Auf die Frage nach seiner eigenen Motivation erklärt Wittler. "Ich war selbst auf die Lebensmittel der Tafel angewiesen und wollte etwas zurückgeben. Es ist eine Herzensangelegenheit, die mich mit sehr viel Freude und Befriedigung erfüllt."
Geholfen hat während der Corona Pandemie auch die dezentrale Organisation der Lebensmittelverteilung. Anders als in vielen Städten gibt es in Münster keine zentrale Ausgabestelle, sondern über das Stadtgebiet verstreut, 21 Verteil-Standorte. Das vermeidet nicht nur weite Wege für den Empfänger, sondern verhindert einen Menschenauflauf, den wir von anderen Tafeln im Kopf haben.
Natürlich wurden weitere Massnahmen notwendig. Durch die Registrierung der Bedürftigen etwa drei Stunden vor Ausgabe, können nicht nur die Lebensmittel bedarfsgerecht aus dem Zentrallager geordert und angeliefert werden, sondern auch die Ausgabe perfekt geplant. Noch bevor der erste Kunde zur Abholung seiner Lebensmittel eintrifft, stehen Markierungsboxen in 1,5 Meter Abstand draußen vor der Tür. Mit Mundschutz stellen sich die Ankommenden an eine freie Box. Kein Gedränge, kein Kämpfen um den besten Platz, denn jeder weiß: Eine Box ist für mich. Ruckzuck werden die Lebensmittelkörbe von den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen gebracht und können von den Wartenden in ihre Einkaufstaschen verstaut werden.
Die Tafel Münster scheint die Situation gut im Griff zu haben.
Ob allerdings die Verteilung von 784 Weihnachtskörben mit Lebensmitteln für Kinder, die im letzten Jahr von privaten Haushalten gepackt und in der Stadtbücherei abgegeben wurden, in dieser Form wieder durchgeführt werden kann, ist fraglich. Denn das Foyer der Bücherei ist klein und der letztjährige Spender-Run war groß. Die Alternative: Die Ausgabe von Gutscheinen verschiedener Münsteraner Einzelhandelsunternehmen. Um dieses Vorhaben zu realisieren und den Kindern auch 2020 eine Weihnachtsfreude bereiten zu können, ist die Tafel auf zusätzliche Spenden angewiesen. Wer mitmachen möchte, findet weitere Informationen auf https://www.muenster-tafel.de/spenden/geldspenden.
Ich bin während meines Besuches bei der Tafel nachdenklich geworden und mache mit. Ich spende.
Text und Fotos: Christiane Gasche