Sie haben Wasser zu sich genommen, als sie sich dafür stärkten, diesen Artikel zu lesen oder gar den Film zu schauen, den ich Ihnen empfehlen muss: Vergiftete Wahrheit.
Eigentlich hat man als erfolgreicher Anwalt schon dann alles richtig gemacht, wenn man mit einer Frau verheiratet ist, die biographisch legitimiert von Anne Hathaway dargestellt werden darf. Aber manchmal mutet einem das Schicksal etwas zu, das einem das Gewissen nicht verwehren kann.
Und wie brisant das Thema ist, von dem „dark waters“, wie der Originaltitel lautet, handelt, zeigt sich alleine schon daran, dass der Hauptdarsteller als einziger Produzent in Erscheinung tritt.
Mark Ruffalo, den ich lange –zu Unrecht- unterschätzt habe, spielt den Industrieanwalt Rob Bilott, der eines Tages von einem Farmer aus Virginia in einem Meeting gestört wird. Der Vater von zwei Kindern lebt in einem kleinen Kaff wie Heek, Coesfeld oder Steinfurt, ist (Mitte der 1970er Jahre) Nachbar von Bilotts Großmutter und war Besitzer von 190 elendig verendeten Rindern, die das Wasser getrunken haben, das der Chemiekonzern DuPont seit den 1960er Jahren mit toxischen Chemikalien ungefiltert verseucht hat.
Dieser Spaß brachte dem Konzern seit 1961 jährlich eine Milliarde Dollar Reingewinn und 99 Prozent der Bevölkerung (Stand 2019) nachweislich bleibende Vergiftungen. Rob Biott, selbst Vater von sukzessive drei Kindern, nimmt, als ehemaliger Verteidiger der Gegenseite, die Herausforderung an, dessen Ergebnis vom Richter (2015) süffisant mit dem Jahr 2090 angepeilt wird.
Mark Ruffalo, den man (u.v.a.) auch aus „Shutter Island“ (mit dem schizophrenen Leo DiCaprio) oder „Ein einziger Augenblick“ kennen sollte, spielt den Anwalt, der nicht nur unter dem Druck des gigantischen Chemiekonzern (Mit Bayer einer der größten Chemie-Global-Player weltweit), sondern auch unter dem wachsenden Missmut der Bevölkerung zu leiden hat. Die „Performance“ als introvertierter und innerlich kochenden Anwalt ist so unfassbar intensiv, dass einem vor Fassungslosigkeit die Tränen im Auge gefrieren.
Großes Kino – einfach großartig auf die Leinwand gebracht!
Um dem Film nicht die Schärfe und nachhaltige Wirkung zu rauben quatsche ich Sie an dieser Stelle nicht, wie andere Profitgiganten, mit Details zu, sondern kann Ihnen nur raten, sich dieses Meisterwerk im KINO anzuschauen. An diesem Film wird keiner reich, aber das Geld geht offensichtlich in Hände, die gutes Bewirken.
Sensationeller (,hoch prominenter und dekorierter) Cast bis in die Nebenrollen, großartiges Drehbuch und eine Geschichte, die jedes Kind gesehen haben muss, denn die Ignoranz der Menschen, die das „DuPont“-Village bevölkern, ist ähnlich ignorant wie wir. Wenn plötzlich Gesundheit mit dem Jobverlust bezahlt werden muss kann man sich von X Millionen um 2090 nicht viel kaufen.
Und kaufen, das machen wir doch alle gern, auch, weil es so viel Wichtiges zu verdrängen gibt.
Ob es ein Zufall ist, dass der Film ausgerechnet dann ins Kino kommt, wenn keiner hingehen kann, während andere amerikanische Produktion ein außeramerikanisches Screenverbot auferlegt bekommen haben, überlasse ich Ihnen.
Fünf von fünf in Afrika abgefüllte Nestlè-Wasser und dazu ein C8 kontaminiertes Brot mit Schinken und Spiegelei.
„Gute Unterhaltung“
Text: adolf.muenstermann@gmail.com
Bildmaterial: mit freundlicher Genehmigung von Tobis Filmverleih