Kein Land der Welt geht mir derzeit so auf den Sack wie die USA. Über kein anderes Thema wird derzeit mehr diskutiert als über jenes, dessen vakanter Präsident ein eitler …Mensch ist. Und sein Herausforderer, ein beinahe ebenbürtig merkwürdiger Typ, über den die Welt kaum mehr weiß, als dass alles nur besser werden kann, hat sich in 78 Jahren einen dezent bescheideneren „guten Namen“ gemacht.
Ganz im Gegensatz zu dessen potentieller Vize-Präsidentin Kamala Harris, bei der ich mich wirklich nur über Ihre Schreibweise im Netz vergewisserte, ob sie stimmig ist. Denn diese Frau mit indischen sowie jamaikanischen Wurzeln ist wohl das, was man ernsthaft mit der Titulierung „Hoffnung“ versehen darf.
Auch sie ist (natürlich) Anwältin, aber war schon sehr früh weniger an dem juridischen Prozedere beim „Work im Progress“ interessiert, sondern an der Struktur derselben. Als Staatsanwältin in San Francisco wurde sie früh zum Inbegriff von Präzision, Authentizität und vor allem: Glaubwürdigkeit.
Sollte Biden also am kommenden Dienstag zum 46. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt werden und sollte er nur eine Amtszeit zur Verfügung stehen, wäre sie, wie Al Gore es nach seiner Niederlage süffisant aufs Korn nahm, die hoffentlich wirklich „next president of the United States“; alles unter der Voraussetzung, er gewinnt wirklich und natürlich jener, dass Trump die eventuelle Niederlage auch eingesteht.
Aber warum stellt sich diese Frage überhaupt? Warum scheint das Prozedere auf der einen Seite so kompliziert, wo es doch auf der anderen nach Griechenland Synonym für Demokratie steht?
Vielleicht unter anderem genau deshalb. Denn in den USA gibt es für jeden Fall einen Plan B und die systematische Diversität ist eigentlich stellvertretend für Kontrollmechanismen, die absolute Objektivität herbeiführen sollen.
Nun stellt sich aber das Problem, dass sich die Welt seit 1490 ein klein wenig verändert hat. Die Einflüsse von urbanem zu ländlichem Bevölkerungsteil hat sich umgekehrt und ebendem auch die Produktivität, also der kapitalistische Output. Die Regionen, die für den Erfolg einer Nation verantwortlich sind, haben sich umgekehrt, aber das Ziel bliebt das gleiche: der Welt zu beweisen, wie autonom man ist und sein kann.
Es ging darum, all jenen, die vor der „Bosten Tea Party“ “ (1773) , die USA wie ein pubertierendes Kind behandelten, zu zeigen, dass man sehr wohl etwas kann und das offensichtlich nur von den anderen wahr genommen wird, wenn es viiiiel besser ist, als das der Zweifler. So viel größer und besser, dass man es nicht mehr übersehen kann. Und genau das wurde zur DNA der USA. Größer und besser als alle anderen!!
Und weil die USA von den Kolonialisten seit 1776, der „declaration of independence“ isoliert waren, mussten sie zusammenhalten. Die Familie wurde zum Synonym eines neuen Zuhauses in der Ferne und der Staat, dessen übergreifendes Pendant, das alle beschützt und vor allen Angriffen von außen und über das sich jeder identifizieren kann. Die Waffe galt dabei als Status Symbol der Unabhängigkeit.
Es fungierte rein pragmatisch, um sein eigenes Leben und den Besitz (Hab ich geschafft, guck mal- der Kapitalismus musste beinahe in den USA zur Maxime werden) zu schützen, sein symbolischer Wert lag jedoch in der Geste an die Welt: Ich hab vor keinem Angst!
Und weil dafür Anfangs nur wenig Begründung vorlag, aber der Trip selbst über den großen Teich schon ein kleines Wunder widerspiegelte, begründete man sein Überleben und somit die Richtigkeit der Handlung sowie der Überzeugung dahinter in Gott. Dass das geklappt hat, konnte nur Gottes Fügung gewesen sein. Zu viel sprach rational dagegen.
Ich glaube, dass die Amerikaner genau deshalb so sind, wie sie sind. Wie ein junger Erwachsener, der das erste oder maybe zweite Mal den Job verloren hat und jetzt die Rechnungen für den Luxus nicht zahlen kann, den er sich geleistet hat, kommt er ins Strugglen. Der Preis für: Schaut her, das geht, wir helfen euch dabei. In Form von: Das ist so geil, das kann man nicht scheiße finden. Manche Menschen muss man echt zu ihrem Glück zwingen!
Ein Großteil der Welt möchte zwar an der Globalisierung partizipieren (man könnte eigentlich sagen, das Minimalziel der USA ist damit schon weit überschritten), aber wie die Einwanderer zu Arche-Zeiten der USA, haben auch die Bewohner anderer Erdteile eine ganz individuelle Vorstellung von Glück, die logischerweise ebenfalls mit der dominanten, kollidiert, obwohl sie nicht weniger falsch ist, nur eben hier nicht richtig.
Genau das muss die USA selbst erfahren und daraus lernen. Und dabei kann ihr keiner helfen. Die Welt ist zum hilflosen Vater geworden, der hofft, dass die Tochter nicht auf Heroin von der Party nach Hause kommt und mit einem ausgiebigen Nüchternschlafen, alles überstanden ist. Wie die meisten jungen Erwachsenen, wird sie diesen Schritt bravourös überstehen, aber, das „Gestärkt-daraus-hervorgehen“, würde ich mir gerne ersparen.
(an dieser Stelle muss meine Mama bestimmt laut lachen)
Text: adolf.muenstermann@gmail.com
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