In Warschau sind erneut zehntausende Frauen und Männer auf die Straße gegangen, um gegen die von Polens nationalkonservativer Regierung geplante Verschärfung des Abtreibungsrechts zu protestieren. Wie das Rathaus der polnischen Hauptstadt mitteilte, zogen die Protest-Teilnehmer am Freitag ungeachtet eines Corona-bedingten Versammlungsverbots mit Regenbogenflaggen und Protestplakaten ins Stadtzentrum. Auch in Krakau, Breslau und weiteren Städten waren Proteste angekündigt.
"Wir sind bereit, bis zum Schluss zu kämpfen", sagte die Co-Gründerin der Frauenstreik-Bewegung, Marta Lempart, in Warschau. Viele Protest-Teilnehmerinnen hielten Plakate in die Höhe mit Aufschriften wie: "Wir haben genug!" oder "Mein Körper, meine Entscheidung". Auch gegen die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) gerichtete Parolen waren zu hören.
Die Polizei sprach von zwei Vorfällen, bei denen mehrere Menschen festgenommen worden seien. Den Organisatoren der Proteste droht eine mögliche Strafverfolgung wegen des Verstoßes gegen Corona-Auflagen. Wegen der Corona-Pandemie sind in Polen derzeit Versammlungen mit mehr als fünf Teilnehmern verboten.
Die Proteste halten bereits seit eineinhalb Wochen an. Auslöser war ein umstrittenes Urteil des obersten polnischen Gerichts, das der PiS-Regierung grünes Licht für eine Verschärfung des Abtreibungsrechts gibt. Ein bestehendes Gesetz, das Abtreibungen von schwer fehlgebildeten Föten erlaubt, erklärten die Richter als verfassungswidrig.
Polen hat bereits eine der restriktivsten Abtreibungsgesetzgebungen in Europa. Frauen dürfen Schwangerschaften nur abbrechen, wenn diese Folge von Inzest oder Vergewaltigung sind, ihr Leben in Gefahr ist oder der Fötus schwere Fehlbildungen aufweist. Ein Verbot von Abtreibungen in letzterem Fall käme nach Einschätzung von Menschenrechtsorganisationen einem vollständigen Abtreibungsverbot gleich.
In Polen gibt es jährlich weniger als 2000 legal vorgenommene Schwangerschaftsabbrüche. Frauenrechtsorganisationen schätzen jedoch, dass pro Jahr etwa 200.000 Polinnen illegal abtreiben oder dafür ins Ausland gehen. Frauenrechtlerinnen befürchten, dass diese Zahl noch steigt, sollte das Gesetz zum Verbot der Abtreibung schwer fehlgebildeter Föten tatsächlich in Kraft treten.
isd
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