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Zweite Corona-Welle verzögert Konjunkturerholung

Die zweite Welle der Corona-Pandemie wird nach Einschätzung der Finanzminister der Eurozone eine Erholung der Wirtschaft verzögern.


Die wiedereingeführten Beschränkungen im öffentlichen Leben "werden offensichtlich Auswirkungen auf die Wirtschaftstätigkeit haben", sagte EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni am Dienstag nach einer Video-Konferenz der Eurogruppe. Diese forderte einen raschen Abschluss der Verhandlungen mit dem Europaparlament über den EU-Haushalt und den damit verknüpften Corona-Aufbaufonds. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) verlangte von den Abgeordneten "Pragmatismus".

"Die jüngste Beschleunigung der Ausbreitung des Covid-19-Virus und die neuen Eindämmungsmaßnahmen haben die Unsicherheit weiter erhöht und werden die Erholung wahrscheinlich belasten", hieß es in einer Erklärung der Minister der Währungsunion nach der Video-Konferenz. Deshalb sei es "unerlässlich", dass in den Mitgliedstaaten die staatliche Unterstützung für die Wirtschaft "bis ins Jahr 2021 fortgesetzt" werde.

Über die genauen Auswirkungen der zweiten Welle wollte die EU-Kommission keine genaue Einschätzung geben, bevor sie am Donnerstag ihre Konjunkturprognose vorstellt. Es gebe teils Anzeichen, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen "geringer als im Frühjahr" bei der ersten Welle sein könnten, sagte Gentiloni. Grund sei, dass Firmen und Beschäftigte nun auf das Arbeiten von zuhause eingestellt seien.

"Unsicherheit gibt es aber um die Frage, wie lange diese zweite Welle dauert", sagte der italienische Kommissar weiter. "Wir leben in herausfordernden Zeiten - auch bei Vorhersagen." Klar sei aber bereits, dass es 2022 "mehrere Mitgliedstaaten" geben werde, die das Vorkrisenniveau von 2019 noch nicht wieder erreicht haben würden.

Priorität müsse es nun haben, den vereinbarten Corona-Wiederaufbauplan von 750 Milliarden Euro in Kraft zu setzen, erklärten die Minister. Es müsse "eine rasche Auszahlung der Mittel im Jahr 2021" erreicht werden.

Die Verhandlungen mit dem Europaparlament führt die deutsche EU-Ratspräsidentschaft. "Wir müssen jetzt ganz schnell in die Pötte kommen", forderte Bundesfinanzminister Scholz. Alle wüssten "um den Ernst der Lage". Die Hoffnungen der Länder, die auf die EU-Gelder angewiesen seien, dürften nicht enttäuscht werden. 

Der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold nannte die Äußerungen von Scholz "frech". Er werfe dem EU-Parlament vor, die Verhandlungen zu verzögern, schrieb er im Online-Dienst Twitter. "Richtig ist: Die deutsche Ratspräsidentschaft spielt auf Zeit und verhält sich notorisch unkooperativ gegenüber dem Europaparlament!"

"Wir lassen uns das Tempo bei den Beratungen auch von einem deutschen Bundesfinanzminister nicht vorschreiben", erklärte auch der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke. Er warf dem SPD-Kanzlerkandidaten vor, ein "Schwarzer-Peter-Spiel" zu betreiben.

Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten den Corona-Wiederaufbaufonds im Juli zusammen mit dem rund eine Billion Euro schweren EU-Haushalt für die kommenden sieben Jahre beschlossen. Bisher wurde aber keine Einigung mit dem Europaparlament über das Budget erzielt, wodurch auch die Verabschiedung des Corona-Hilfsfonds blockiert ist. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft hat deshalb schon mehrfach vor Verzögerungen bei Auszahlung der Corona-Gelder gewarnt. 

mt/bfi

Martin TRAUTH / © Agence France-Presse