Das Rennen zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem Herausforderer Joe Biden bei der Präsidentschaftswahl ist bis zum Mittwochmorgen (MEZ) völlig offen geblieben. Trump errang beachtliche Teilerfolge: US-Sender verkündeten seinen Sieg in den wichtigen Bundesstaaten Florida und Ohio. Die Ergebnisse aus anderen als wahlentscheidend geltenden Staaten standen aber aus.
Ohne einen Sieg in Florida hätte Trump praktisch keine Chance auf eine zweite Amtszeit gehabt. Mit seinen von den Sendern verkündeten Siegen in diesem Staat sowie in Ohio zeichnete sich nun ein sehr enges Rennen ab - entgegen der von manchen Trump-Gegnern aufgrund der Umfragen gehegten Hoffnungen auf einen Erdrutschsieg Bidens. Entscheidend wurde damit der Ausgang vor allem in den Staaten Arizona, Michigan, Pennsylvania und Wisconsin.
Trotz der Teilerfolge des Präsidenten zeigte sich Biden siegesgewiss: Er sei "auf Kurs, diese Wahl zu gewinnen", sagte der 77-jährige Kandidat der oppositionellen Demokraten in der Nacht vor Anhängern in seinem Heimatstaat Delaware. Trump wiederum warf den Demokraten in der Wahlnacht vor, ihm den Sieg "stehlen" zu wollen. "Wir sind weit vorne, aber sie versuchen, die Wahl zu stehlen", schrieb der Präsident im Onlinedienst Twitter.
Direkt nach Trumps Botschaft versah Twitter die Aussage mit einem Warnhinweis. "Einige oder alle der Inhalte, die in diesem Tweet geteilt werden, sind umstritten und möglicherweise irreführend in Bezug auf die Beteiligung an einer Wahl oder einem anderen staatsbürgerlichen Prozess", hieß es - auch auf Deutsch - in der Warnung des Unternehmens.
Neben Florida und Ohio legten sich US-Sender noch in mehreren weiteren "Swing States" - also solchen, deren politische Präferenzen bei früheren Wahlen hin- und hergependelt waren - auf den Sieger fest: Trump gewann demnach in Iowa, Biden in New Hampshire und Minnesota.
In Texas, wo sich Biden ebenfalls Siegchancen ausgerechnet hatte, riefen die Sender Trump zum Sieger aus. Der Herausforderer hatte jedoch US-Medien zufolge gute Chancen auf den Sieg im "Swing State" Arizona.
Für den Sieg bei der US-Präsidentschaftswahl muss ein Kandidat mindestens 270 der insgesamt 538 Wahlleute gewinnen, die auf Ebene der Bundesstaaten vergeben werden. Biden lag nach einer auf Angaben der US-Sender basierenden Zählung der Wahlleute-Stimmen am Mittwochmorgen (MEZ) vorerst bei 224 Wahlleute-Stimmen, Trump bei 213.
Erwartet wurde, dass sich die Auszählung in einigen Staaten lange hinzieht, weil diesmal wegen der Corona-Pandemie besonders viele Bürger per Brief gewählt hatten. Experten zufolge dürfte die Mehrheit der Briefwähler für Biden gestimmt haben.
Trump hatte schon in den vergangenen Monaten immer wieder und ohne jegliche Belege den Vorwurf erhoben, dass es Betrug bei der Briefwahl geben werde. Viele seiner Kritiker befürchten deshalb, dass er eine mögliche Niederlage nicht anerkennen und dann eine harte Auseinandersetzung folgen könnte. Auch gibt es Ängste vor Gewaltausbrüchen.
Parallel zur Präsidentschaftswahl wurde der Kongress in großen Teilen neu gewählt. Dabei konnten die Demokraten laut US-Sendern ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus verteidigen und ausbauen. Die Partei dürfte demnach in dieser Kammer vier oder fünf Mandate hinzugewinnen. Derzeit haben die Demokraten 232 der 435 Sitze.
Noch völlig unklar ist hingegen , welche Partei künftig im Senat - der anderen Kongresskammer - dominieren wird. Bislang haben dort Trumps Republikaner eine Mehrheit von 53 der 100 Sitze. Während das gesamte Repräsentantenhaus neu gewählt wurde, standen nur 35 Senatsmandate zur Wahl.
Der Wahlkampf stand stark unter dem Eindruck der Corona-Pandemie. Mit mehr als 230.000 Toten haben die USA die höchste Opferzahl weltweit zu beklagen. Biden kritisierte Trumps Krisenmanagement scharf, Trump rühmte den Umgang seiner Regierung mit der Pandemie.
dja/ju
© Agence France-Presse