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Einigung beim Gemeinschaftshaushalt der EU-Staaten erzielt

Nach zweieinhalb Monaten Diskussionen haben sich die Verhandlungsführer von Europaparlament und EU-Staaten auf den billionenschweren Gemeinschaftshaushalt für die kommenden sieben Jahre geeinigt.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sprach am Dienstag von einem "wichtigen Durchbruch", weil das Haushaltspaket auch eng mit dem 750 Milliarden Euro schweren Corona-Hilfsfonds verknüpft ist. Ungarn bekräftigte jedoch seine Veto-Drohung wegen der geplanten Möglichkeit zur Streichung von EU-Geldern bei Rechtsstaatsverstößen.

Nach Parlamentsangaben konnten die Abgeordneten in den Verhandlungen mit der deutschen EU-Ratspräsidentschaft eine Aufstockung des Mehrjahresbudgets um 16 Milliarden Euro erreichen. Damit sollen zwischen 2021 und 2027 wichtige EU-Programme etwa in den Bereichen Forschung und Gesundheit, bei der EU-Grenzschutzbehörde Frontex sowie beim Studentenaustauschprogramm Erasmus aufgestockt werden.

Offiziell bleibt es aber bei der von den Staats- und Regierungschefs bei einem Gipfel im Juli vereinbarten Haushaltsobergrenze von 1074 Milliarden Euro. Dies liegt daran, dass die zusätzlichen Mittel teils aus bereits vorhandenen Haushaltsreserven kommen oder aus künftigen Strafen wegen Wettbewerbsverstößen von Unternehmen. Das Verhandlungsergebnis muss nun nochmals abschließend von beiden Seiten bestätigt werden. 

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begrüßte die Einigung. Sie forderte beide Seiten auf, bis Jahresende auch den Rest der Verhandlungen abzuschließen. "Wir brauchen Hilfe für unsere Bürger und Unternehmen, die schwer durch die Krise des Coronavirus getroffen werden", erklärte sie.

Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft und Vertreter des Parlaments hatten seit Ende August über das Budget verhandelt. Anfangs beliefen sich die Forderungen der Abgeordneten nach einer Erhöhung des Budgets auf insgesamt rund 113 Milliarden Euro. Die Mitgliedstaaten wollten aber den komplexen Gipfel-Kompromiss vom Juli nicht nochmals aufschnüren.

Die Einigung enthält nun auch einen groben Zeitplan für die Einführung neuer EU-Abgaben. Sie sollen der Rückzahlung der Kredite dienen, welche die EU-Kommission zur Finanzierung des Corona-Wiederaufbaufdons aufnimmt.

Eine Steuer auf nicht-recyceltes Plastik ab nächstem Jahr war bereits beschlossen. Für eine Ausweitung des Emissionshandels und mögliche Aufschläge auf CO2-intensive Importe aus Drittländern sowie eine Digitalsteuer wird nun laut Parlament 2023 anvisiert. Eine europäische Finanztransaktionssteuer soll nach Parlamentsangaben spätestens 2026 kommen. 

Derartige Zusagen der EU-Mitgliedstaaten "wären vor sieben Jahren noch undenkbar gewesen", erklärte der SPD-Europaabgeordnete Jens Geier. Diplomaten betonten allerdings, die Vereinbarung enthalte noch "keine rechtlich bindenden Zusagen" für die tatsächliche Einführung neuer Steuern. Über diese müssten die Mitgliedstaaten noch in jedem Fall entscheiden.

Offen ist auch noch, ob der Deal nicht wieder platzt. Denn das EU-Land Ungarn hat Widerstand gegen den vergangene Woche separat beschlossenen Mechanismus angekündigt, der die Vergabe von Haushaltsmitteln an die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit knüpft. Sie könnten in Zukunft bei Verstößen gekürzt oder gestrichen werden. 

Diese Regelung laufe "völlig konträr" zur Einigung vom Juli, bekräftigte die Regierung in Budapest am Dienstag. Der Rechtsstaatsmechanismus sei "lediglich ein Instrument in den Händen der liberalen, migrationsbefürwortenden Mehrheit des Europäischen Parlaments, um abweichende Mitgliedstaaten zu erpressen und unter Druck zu setzen".

Bundesfinanzminister Scholz rief die anderen Mitgliedstaaten und auch das gesamte EU-Parlament auf, dem Kompromiss zuzustimmen. "Wer will, dass Europa gestärkt aus der Krise kommt, muss diese Einigung unterstützen." In vielen Ländern werde das Geld wegen der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie "dringend gebraucht".

mt/

Martin TRAUTH und Peter EßER / © Agence France-Presse