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"Mit Benzin übergießen und anzünden"

Gestern zog es mich in die Landeshauptstadt, um einen guten Freund zu besuchen, aber was mir in Erinnerung blieb ist nicht das gute Gespräch mit Alfredo, sondern eine neu Qualität des ostentativen Hasses.


Im Gegensatz zu Alfredo war für mich Düsseldorf nie mehr als die künstlerische Hochburg von NRW. Museen wie das K20 oder 21, die Kunstakademie oder auch nur die Gestaltung verschiedener Gebäude in der „“Rheinmetropole“, haben mich schon immer begeistert aber ansonsten empfand ich Düsseldorf immer als langweilig, auch wenn, wie der Volksmund hier sagt, der Rhein es sogar so schön findet, dass er einige Extrakapriolen zieht.

Nun gut, mit der Hoffnung auf ein freudiges Wiedersehen mit einem guten Freund  und dem Entdecken hübscher Damen beim „Walk a while“, im Rucksack, betrat ich den Regionalexpress der deutschen Bahn und ließ mein müdes Haupt auf einem der modernen Sitzgelegenheiten verweilen, als mich ein Gespräch von einer mir fremden und nicht hübschen Dame, meine Aufmerksamkeit suchte.  Offensichtlich hatte sie ein nicht so schönes Zusammentreffen mit einem "Scheiß fetten Dreckstürken" am Fahrkartenautomat, der seinen Dienst verweigerte. Soweit, so meine Welt, aber als der Wutpegel stieg, entfremdete sich auch die Sprache und der gesamte Habitus eben angesprochener Menschin von meinem Usus.

„Dieses Scheiß- Arschloch kann sich bestimmt kein Auto leisten. Was hältst du davon, wenn wir ihm auflauern, mit Benzin übergießen und dann anzünden?“ Ich war schockiert und paralysiert, denn diese Art von Hass war mir neu, und ich gebe zu, damit finde ich keinen Umgang.

Ich stand also auf und fragte echauffiert, „ob sie noch ganz dicht sei“, was sie mit einem „und Dich fackeln wir gleich mit ab du Scheiß- Judenopa“ erwiderte. Dann verschwand sie, und ich war das erste Mal seit langem sprachlos. Ich dachte immer, dass Frust und Wut meine Kernkompetenzen seien, aber während ein gepflegtes „Fotze“ für mich nur synonym für ein weibliches „Arschloch“ steht, war diese Äußerung zwischen Münster und Gelsenkirchen eine neue Ebene des  Hasses. Voller Selbstbewusstsein und ohne jeglichen Kommentar eines anderen Mitreisenden, kann man in exakten Worten fordern, was ich nicht einmal zu denken wage, weil es gegen mein Selbstverständnis von Menschenwürde spricht.

Als Ihr unwürdiger Berichterstatter dieser Gegebenheit sich dann, seinem Mitteilingsbedürfnis Luft machen wollend, an einen Vertreter des Sicherheitspersonals wandte, wurde der Vorfall jedoch nur mit einem laissiz-faire  „das passiert hier jeden Tag, da kann man nichts gegen machen“ relativiert und der Vorfall zu den intelligiblen Akten gelegt.

Ich hab geweint und mich betrunken, weil ich so etwas noch nie erlebt habe und nie erleben wollte. Es war und ist völlig unmöglich, ein dergestaltetes Verhalten zu tolerieren oder gar als Normalität im Alltag zu akzeptieren. Noch immer komme ich über den Vorfall nicht hinweg.

Von anderer Seite sagte man mir, dass es schlimm wäre, wenn es häufiger passieren würde, mein Empfinden ist „wehret den Anfängen“. Wer sich in Situationen nicht positioniert ist Mittäter und unmittelbar mit dafür verantwortlich wie sich die Fratze der Modernität auf unsere Gesellschaft legt. Ich will nicht in einem Land leben, wo solche Äußerungen kommentarlos postuliert werden können, ich gehe sogar soweit, dass ich nicht in einer Gesellschaft leben möchte, wo ernsthaft solche Gedanken einer Normalität entsprechen. Das mag naiv sein, aber das entspricht nicht meiner Auffassung von Zivilisation.

Vielleicht hat keiner etwas gesagt, weil viele Angst hatten oder Kopfhörer in den Ohren trugen, aber zeigt das nicht, ganz nonchalant eine dramatische Entwicklung der medialen Gesellschaft?

Wenn alle nur noch mit sich und individuellem Entertainment beschäftigt sind, können sich Hass und widerwärtige Menschenbilder etablieren und zu guter Letzt auch als Wahrheit etablieren, denn wenn eine Aussage nicht negiert wird, heißt dass, dass man zumindest so mit ihr d`accord ist, dass es nicht lohnt, ihr zu widersprechen. Eine dramatische Entwicklung.

Bild: pixabay

Text: adolf.muenstermann@gmail.com