Berlin, 23.11.2020 Seit einigen Tagen ist in vielen
Universitätskliniken Deutschlands ein etwas verlangsamter Anstieg der Zahlen
von stationär behandelten und beatmeten Patientinnen und Patienten zu
beobachten. VUD und NUM warnen jedoch weiterhin: Die Zahl der Neuinfektionen
muss deutlich sinken. Das ist bisher nicht der Fall. Die Zahlen steigen nach
wie vor und die stationären Behandlungszahlen erreichen schon jetzt ein
Belastungsniveau in den Kliniken. Das muss dringend wieder reduziert werden.
Insbesondere in den Ballungsräumen wie Berlin, Hamburg, Frankfurt und Köln
bleibt die Lage angespannt. In vielen Universitätsklinika stellt sich die Lage
wie folgt dar: Erhebliche Teile der Intensivkapazitäten werden für die
Versorgung schwer an Covid-19 Erkrankter benötigt. Elektive Behandlungen, die
medizinisch nicht dringend sind, werden reduziert. Die betroffenen Patientinnen
und Patienten müssen auf unbestimmte Zeit auf ihre Behandlung warten, was für
sie in vielen Fällen sehr belastend ist. Hierzu berichtet Prof. Dr. Burkhard Göke,
Vorstandsvorsitzender und Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums
Hamburg-Eppendorf (UKE): „Wir versuchen intensiv, die generelle medizinische
Versorgung im UKE bestmöglich aufrechtzuerhalten. Dennoch müssen bei uns
weniger dringliche Operationen und auch ambulante Termine verschoben werden.
Wir reagieren damit auf die dynamische und ernstzunehmende Lage.“
Die Arbeit auf den entsprechenden Intensivstationen ist für das Personal
besonders fordernd. Um hier die notwendige Entlastung zu schaffen, bedarf es
eines hohen Personaleinsatzes. Der Vorstandsvorsitzende und Ärztliche Direktor
des Universitätsklinikums Frankfurt, Prof.
Dr. Jürgen Graf, erklärt: „Die Versorgung intensivmedizinischer
Covid-19-Patientinnen und -Patienten ist für die Mitarbeitenden aller
Berufsgruppen deutlich belastender als die übliche intensivmedizinische
Versorgung. Es wird deshalb darauf ankommen, dass die benötigten qualifizierten
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesund, motiviert und einsatzfähig bleiben.
Nur dann erscheint es möglich, der noch einige Monate andauernden erheblichen
Belastung gewachsen zu sein. Hierfür werden wir auch ungewöhnliche Maßnahmen
erwägen müssen.“
Die Behandlung schwerstkranker Patientinnen und Patienten erfolgt mit besonders
aufwendigen Verfahren wie einer künstlichen Membranoxygenierung (ECMO). Prof. Dr. Ulrich Frei,
Vorstand Krankenversorgung der Charité – Universitätsmedizin Berlin, berichtet:
„In den vergangen zwei Wochen ist die Zahl der Behandlung schwerstkranker
Patientinnen und Patienten mit besonders aufwendigen Verfahren wie der ECMO
erheblich angestiegen und hat mit 26 gleichzeitigen Behandlungen ein nie
dagewesenes Ausmaß erreicht. Das dafür geschulte Pflegepersonal kann einer
solchen Belastung nicht dauerhaft standhalten."
Die Zahl Covid-19-erkrankter Mitarbeitender steigt. Es droht, dass
Behandlungskapazitäten aus der Versorgung abgemeldet werden müssen, weil das
für den Betrieb notwendige Personal nicht zur Verfügung steht. Dazu Prof. Dr. Edgar Schömig,
Vorstandsvorsitzender und Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Köln:
„In dieser bereits bedrohlichen Situation stellt die Verbreitung des Virus
unter den Beschäftigten eine weitere enorme Gefahr dar. Schon jetzt zeichnet
sich für den Fall eines unverminderten Infektionsgeschehens ab,
dass selbst der enorme Aufwand in Kürze nicht mehr ausreichen wird, den
wir aktuell im Infektionsschutz leisten. Das Universitätsklinikum Köln hält für
die eigenen Mitarbeiter*innen erhebliche Test- und Beratungskapazitäten vor und
hat eine eigene Arbeitsgruppe für die interne Verfolgung von Infektionsketten.“
Prof. Dr. Heyo K.
Kroemer, Vorstandsvorsitzender der Charité und Leiter des
BMBF-geförderte Netzwerks Universitätsmedizin (NUM), fasst die aktuelle Lage
wie folgt zusammen: „Insgesamt ist die Versorgung von Patientinnen und
Patienten derzeit gesichert. Die Situation ist noch unter Kontrolle, bleibt
aber fragil. Um die Kliniken zu entlasten und länger anhaltende Einschränkungen
zu Lasten von Nicht-Covid-19-Patientinnen und -patienten zu verhindern, muss
die Zahl der Neuinfektionen unbedingt sinken.“
Prof. Dr. Michael
Albrecht, Medizinscher Vorstand des Universitätsklinikums Carl
Gustav Carus Dresden und Vorstandsvorsitzender des Verbands der
Universitätsklinika Deutschlands (VUD), bekräftigt: „Keinesfalls darf die Zahl
der Neuinfektionen weiter steigen. Sonst droht auch in Deutschland eine
Situation wie in vielen unserer Nachbarländer. Dort sind die
Intensivkapazitäten am Limit angelangt, Schwerkranke können nicht mehr
behandelt werden. Davon sind wir in Deutschland noch ein gutes Stück entfernt.
Allerdings haben die letzten Wochen gezeigt, wie schnell die Lage sich
zuspitzen kann. Vor diesem Hintergrund bleibt jeder und jede Einzelne
gefordert, weiterhin mit aller Kraft an der Eindämmung von Covid-19 zu
arbeiten."
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