NRW - Um sexualisierte Gewalt an Kindern, Jugendlichen und schutzbedürftigen Erwachsenen in kirchlichen Einrichtungen zu verhindern oder Betroffene schnell in Sicherheit zu bringen, setzen die fünf katholischen (Erz-) Bistümer in Nordrhein-Westfalen (NRW) auf Prävention.
Jetzt wollen sie die Wirksamkeit der seit zehn Jahren praktizierten kirchlichen Präventionsarbeit erstmals wissenschaftlich untersuchen lassen. Die Ausschreibung zu der Wirksamkeitsforschung hat das Katholische Büro in Düsseldorf, die Vertretung der (Erz-) Bistümer auf Landesebene, jetzt veröffentlicht. Wissenschaftliche Arbeitsgruppen können sich darauf bewerben.
Verantwortlich für das Evaluationsprojekt sind das Bistum Aachen, das Bistum Essen, das Erzbistum Köln, das Bistum Münster und das Erzbistum Paderborn. Sie arbeiten seit 2010 auf den selben gesetzlichen Grundlagen zur Prävention sexualisierter Gewalt in kirchlichen Einrichtungen. Diese Grundlagen sind die Rahmenordnung Prävention der Deutschen Bischofskonferenz in ihrer aktuellen Fassung von 2019 und die gemeinsam erarbeiteten und gleichlautenden Präventionsordnungen der Bistümer.
„Nach zehn Jahren Prävention hat in der Alltagspraxis von Pfarreien und Einrichtungen eine Auseinandersetzung mit dem Phänomen der sexualisierten Gewalt stattgefunden. Die Menschen sind informiert und sensibilisiert worden“, ist die Erfahrung von Beate Meintrup, Präventionsbeauftragte im Bistum Münster.
Es gebe bisher aber wenig empirische Daten über die einzelnen Wirkfaktoren in der Prävention. Die Studie solle dazu beitragen, diese zu identifizieren und Veränderungsprozesse zu beschreiben. „Für uns als kirchliche Präventionsbeauftragte ist es wichtig, zu wissen, ob wir die richtigen präventiven Maßnahmen gefördert haben und wie die Präventionsarbeit sich entwickeln soll“, begründet Meintrup.
Die Studie soll an den aktuellen Forschungsstand zum Thema anknüpfen. Außerdem soll sie der Besonderheit kirchlicher Präventionsarbeit gerecht werden. Dabei sind Veränderungen von Kultur und Prozessen in Institutionen ebenso zu betrachten wie veränderte Haltungen und Betrachtungsweisen der beteiligten Personen und gesellschaftliche Perspektiven.
Für die Studie werden die Forscherinnen und Forscher Zugang zu kirchlichen Kindertagesstätten, Schulen, Kirchengemeinden, Jugendverbänden, Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie Einrichtungen der Alten-, Behinderten- und Gesundheitshilfe erhalten.
Bei der Umsetzung der Evaluation arbeiten die Präventionsbeauftragten mit dem Institut für Prävention und Aufarbeitung Sexualisierter Gewalt (IPA) aus der Grafschaft Lantershofen zusammen. Dieses hat nötige Kontakte zur Wissenschaft hergestellt und einige organisatorische Aufgaben übernommen.
Interessierte Fachleute können zunächst Interessensbekundungen einreichen. Werden diese zugelassen, werden die Autorinnen und Autoren im Februar 2021 zu einem Workshop eingeladen. Dort wird das Projektvorhaben im Detail vorgestellt und werden mit den Anbietern Realisierungsmöglichkeiten diskutiert. Nach der Beauftragung durch die Generalvikare der fünf NRW-(Erz-) Bistümer ist frühester Projektstart ist der 1. März 2021.
Die Interessenbekundungen sollten höchstens 15 Seiten umfassen. Sie müssen Aussagen treffen zu den konkreten Ziele und Fragestellungen der Forschungsarbeit, zu Forschungsplan und methodischen Erläuterungen, zum Kosten- und Zeitplan sowie zu Referenzen und Erfahrungshintergrund.
Nötig sind außerdem allgemeine Angaben zur durchführenden Institution und den Qualifikationen des Personals, das im Projekt mitarbeiten soll. Der Auftrag wird anhand der Kriterien inhaltlich-fachliche Übereinstimmung mit dem Forschungsanliegen und den Forschungszielen, methodische Güte und Plausibilität des Forschungsdesigns, Angemessenheit und Plausibilität der Kostenplanung sowie Erfahrungshintergrund des Anbieters im Forschungsfeld vergeben werden.
Interessenbekundungen sind digital als ein Gesamtdokument im pdf-Format bis zum 30. Januar 2021 per Mail an das Katholische Büro Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf zu senden. In einem zweiten Schritt können anschließend detaillierte Forschungskonzepte eingereicht werden.
Quelle: Anke Lucht/ Bistum Münster
Foto: Bistum Münster