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"Nurses for Sale"

Nach Recherchen von CORREKTIV zeigt die Bundesagentur zur Anerkennung ausländischer Pflegeabschlüsse bisher keine Wirkung. Der Großteil der Pflegekräfte komme über fragwürdige Vermittlungsagenturen nach Deutschland.

Maßnahmen des Bundes zur Verringerung des Pflegenotstands sind nach Recherchen von CORRECTIV bisher wirkungslos geblieben. 2019 gründete das Bundesgesundheitsministerium unter Bundesminister Jens Spahn (CDU) gemeinsam mit dem Saarland die Deutsche Fachkräfteagentur für Gesundheits- und Pflegeberufe (Defa).

Ausländische Pflegekräfte sollten leichter in den deutschen Arbeitsmarkt integriert werden, um den Mangel an Pflegefachkräften zu mindern. Die Dauer der Anerkennung ausländischer Pflegeabschlüsse sollte auf wenige Monate reduziert werden. Eingliederungsverfahren dauern derzeit bis zu zwei Jahre. 

Nach Recherchen von CORRECTIV hat die Defa bislang nur 28 Anerkennungsfälle abgeschlossen. Dabei ist der Bedarf groß: Die Defa hat seit ihrer Gründung bereits über 4.000 Anfragen erhalten.

Knebelverträge und Kosten bis zu 15.000 Euro: Private Vermittler nutzen fragwürdige Praktiken  

Der größte Teil der ausländischen Pflegekräfte kommt über private Vermittlungsagenturen nach Deutschland. Die Recherche „Nurses for Sale“ von CORRECTIV, die am 25.11.2020 veröffentlicht wird, deckt fragwürdige Praktiken von privaten Personalvermittlern auf, die für deutsche Kliniken und Krankenhäuser Pflegekräfte aus aller Welt anwerben. 

So sollen laut Arbeitsverträgen, die CORRECTIV vorliegen, Pflegekräfte die Kosten ihrer Anwerbung ganz oder teilweise zurückzahlen, wenn sie vor Ablauf einer bestimmten Frist den Arbeitgeber wechseln wollen. Diese Kosten können bis zu 15.000 Euro betragen. In einigen Fällen betrug diese Frist sogar fünf Jahre.

„Das ist moderne Schuldknechtschaft. Wie soll ein Arbeitnehmer, der vielleicht etwas mehr als Mindestlohn verdient, solche Summen zurückzahlen?“, sagt Prof. Christiane Brors, Arbeitsrechtsexpertin an der Universität Oldenburg.

Fehlende Regulierung vom Gesundheitsministerium bei der Pflegevermittlung

CORRECTIV zeigt, dass der stark wachsende Vermittlermarkt bereits ein jährliches Volumen von etwa 100 Millionen Euro erreicht haben könnte, aber bisher kaum reguliert ist. 

Die Corona-Pandemie hat den globalen Wettbewerb um qualifizierte Pflegekräfte deutlich verschärft. Zudem bedroht der Pflegemangel die Gesundheitssysteme weltweit, Serbien beendete nach Recherchen von CORRECTIV im Juni 2020 die Teilnahme an einem Programm der Bundesregierung zur Gewinnung ausländischer Pflegekräfte. 

Über „Nurses for Sale”

An der internationalen Recherche von CORRECTIV sind Partnerredaktionen wie CINS in Serbien, El Universal in Mexiko, El Confidencial in Spanien und das CORRECTIV Pendant für Südamerika El Clip beteiligt sowie Lokalredaktionen in Deutschland.

„Wir möchten mit dieser Recherche eine dringliche Diskussion eröffnen. Wie weit gehen Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, um Pflegekräfte aus der ganzen Welt zu rekrutieren? Wie umfassend ist Ausbeutung von Fachkräften Teil unseres Gesundheitswesens?”, fragt Olaya Argüeso Pérez, Chefredakteurin von CORRECTIV und Co-Autorin der Recherche.  

Ab 25. November 2020, 9 Uhr, online auf correctiv.org: Nurses for Sale - Ein brutales Geschäft: Wie dubiose Vermittler ausländische Pflegekräfte zur Ware machen

Über CORRECTIV

CORRECTIV ist das erste gemeinnützige Recherchezentrum im deutschsprachigen Raum. Wir recherchieren langfristig zu Missständen in der Gesellschaft, fördern Medienkompetenz und führen Bildungsprogramme durch. CORRECTIV finanziert sich vor allem über Spenden und Stiftungsbeiträge.

Quelle: CORRECTIV