Forscher setzen zunehmend Hoffnungen in psychedelische Substanzen wie
LSD oder Ketamin. Diese sollen Menschen mit schwer behandelbaren
Depressionen helfen. Prof. Dr. Bernhard Baune, Direktor der Klinik für
Psychische Gesundheit am UKM (Universitätsklinikum Münster), hält den
Ansatz für vielversprechend – bislang fehlen allerdings stichhaltige
Belege.
Herr Prof. Baune, die schon in den 60er und 70er Jahren umstrittenen Psychedelika erleben in der medizinischen Forschung gerade eine Renaissance. Worum geht es da genau?
Bei Psychedelika handelt es sich um bewusstseinsverändernde Substanzen. Bekannte und verbreitet genutzte Psychedelika sind LSD, Psilocybin und in einem erweiterten Sinne das eigentlich als Narkosemittel eingesetzte Medikament Ketamin.
Das ist in der Tat ein sehr umstrittenes Thema. Denn es gibt zwei Pole der Psychedelika: Einerseits sind es potentiell gefährliche Drogen, die bereits zu Hippie-Zeiten unkontrolliert konsumiert wurden, andererseits haben wir ein Mittel, das therapeutisch sinnvoll eingesetzt werden kann. Somit ist tatsächlich ein gewisses Comeback zu beobachten, zumindest im medizinischen Kontext.
Bei welchen Erkrankungen eignen sich Psychodelika zur Behandlung?
Immer mehr Studien deuten darauf hin, dass diese Substanzen, die viele
vor allem als illegale Drogen kennen, geradezu durchschlagend gegen
Erkran-kungen wie Depressionen, Angststörungen oder posttraumatische
Belas-tungsstörungen wirken können. Wir sprechen aber von einem
kontrollierten, experimentell abgesicherten Behandlungsverfahren, das -
zumindest mit Ketamin - in den letzten Jahren eine therapeutische
Anwendung in der Psychiatrie zu finden scheint.
Wie genau können Psychedelika helfen?
Beispielsweise können psychedelisch wirkende Substanzen Menschen mit schwer verlaufenden Depressionen helfen, die auf verschiedene medikamentöse und psychotherapeutische Behandlungen nicht ansprechen. Dabei ist zu betonen, dass es bei der Therapie mit Psychedelika nicht unmittelbar auf eine bewusstseinsverändernde Wirkung ankommt.
Man sucht stattdessen nach alternativen Dosierungs- und Verabreichungsformen, die bei Depression wirksam sein können. Wichtig zu wissen ist: Diese Medikamente werden unter streng kontrollierten Bedingungen, in der Regel auch studienbegleitend eingesetzt. Wir am UKM führen nationale und internationale Studien durch, die auch von der zuständigen Ethik-Kommission genehmigt werden müssen.
Was erhofft sich die Psychiatrie durch Anwendung von Psychedelika?
Das primäre Ziel ist die Veränderung des Verlaufs der Erkrankung, um die Symptome abzuschwächen. Bei Patienten, die an einer therapieresistenten Depression leiden, kann die Gabe von Ketamin oder Esketamin, die auch zu der Gruppe psychedelischer Substanzen gezählt werden können, ganz neue Perspektiven auf ihre Situation eröffnen – und damit die psychischen Symptome erheblich vermindern.
Bekannt sind auch Fälle, bei denen Betroffene berichten, dass sich die Symptome nach einer einmaligen Gabe von Psilocybin reduziert haben – über einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten. Es gibt zwar erste Hypothesen. Was aber dabei konkret im Gehirn passiert, bleibt erstmal unerklärbar.
Quelle: ukm/ik/aw