Flashback in die 60er- und 70er-Jahre, als ich die Sportanlage an der Sentruper Höhe erreiche. Sentruper Höhe - Synonym für die Bundesjugendspiele. Für viele die Hölle, für mich jährlich eine Ehrenurkunde und Ausgleich zu meinem sonstigen Schulversagen. Nach einem strammen Gang, vorbei an der 1000-Meter-Bahn, steht mir im Jahre 2020 der Schweiß allerdings schon jetzt auf der Stirn. Den Wegweisern und meiner Erinnerung folgend, finde ich die Schweisstropfenbahn, die seit der Trimm-Dich-Bewegung der 70er, als Trimm-Dich-Pfad beschildert ist.
11 Stationen sind zu absolvieren. Der ambitionierte Sportler begibt sich darüber hinaus zwischen jedem Gerät auf den 400 Meter langen Rund-Lauf. Ich bin heute nicht zum sporteln hier und studiere zunächst das Schild am Eingang der Bahn. Ein älterer Herr joggt geschmeidig an mir vorbei. Vermutlich ein Mann der ersten Stunde. Seine Treue zur Schweisstropfenbahn hat sich ausgezahlt. Am Hangelbogen treffe ich auf drei junge Männer, die hier zwar nicht hangeln, aber beeindruckende Klimmzüge darbieten. Wir kommen ins Plaudern und tatsächlich nutzen sie die Bahn als Ersatz zum Fitness-Studio. "Ab dem frühen Nachmittag ist hier richtig was los." erzählen sie. "Bei gutem Wetter ist das Training an der frischen Luft fantastisch. Selbst wenn unser Studio wieder öffnet, kommen wir bestimmt zusätzlich noch auf die Bahn".
Die jungen Männer winken mir zu und entschwinden in rasantem Tempo auf dem mit Mulch gefederten Laufparkour. Mein sportlicher Ehrgeiz ist geweckt und ich erklimme, trotz fehlender Sportbekleidung, eine Sprosse der Hangelbank. Statt zu hangeln, bleibe ich hängen und meine Hände beginnen zu brennen. Etwas Schwung hole ich nun doch aus den Beinen und ich hangele mich tatsächlich drei Sprossen weiter. Entkräftet lasse ich mich fallen. Um Haltung bemüht, mache ich mich weiter auf den Weg. Am Barren beobachte ich (wahrscheinlich) Vater und Sohn. Während sich Filius mit einer Bauchmuskelübung quält, macht es sich Senior mit einer Chipstüte am Rande der Bahn gemütlich. "Jeder nach seiner Facon" denke ich. An Station 7, die zum Liegestütz auffordert, treffe ich erneut auf den älteren Herrn und bin begeistert von der scheinbaren Leichtigkeit seiner Bewegungen. Ich mache mich frustriert auf den Rückweg. Auf der 1000-Meter-Bahn, die meinen Ehrenurkunden den Weg bereitet hat, schwöre ich mir feierlich zurückzukehren. Zurück zur Fitness, zurück zu sportlichen Glanzleistungen, zurück zur "Grand Dame Schweisstropfenbahn", die seit nahezu 60 Jahren jedem Sportwilligen abwechslungsreiche und kostenfreie Trainingsmöglichkeiten bietet. Einfache Geräte erfüllten bereits ihren Zweck, als Fitness noch Körperertüchtigung hieß und erfüllen ihn noch heute. Ganz ohne technischen Schnickschnack, mit kreativem Gestaltungsspielraum für individuelle Übungen und mit viel frischer Luft.
Die Schweisstropfenbahn im Sportpark Münster an der Sentruper Straße 183A, 48149 Münster. Eine sportlich empfehlenswerte Adresse. Nicht nicht nur in Corona-Zeiten!
Fotos: Christiane Gasche