Münster - Weihnachten naht und bei vielen Kindern steht ein Hund auf der Wunschliste. Hinzu kommt in diesem Jahr die Einsamkeit durch die Einschränkung sozialer Kontakte. Die Tierheime müssten geradezu leer sein – oder?
Hundehandel im Internet und Auslandstierschutz
Doris Hoffe, Vorsitzende des Tierschutzvereins Münster und ehemaliges Mitglied der Ethikkommission, berichtet vom Gegenteil. Aktuell seien 30 Hunde im Tierheim an der Dingstiege untergebracht, hinzu kämen Katzen, Mäuse, Meerschweinchen und Exoten. Ob als Weihnachtsgeschenk oder als Mittel gegen Einsamkeit – immer mehr Menschen verschlage es auf der Suche nach einem tierischen Mitbewohner ins Internet statt ins örtliche Tierheim.
„Der Hundehandel im Internet läuft aus dem Ruder“, sorgt
sich Frau Hoffe. „Die Leute suchen sich aus Bequemlichkeit ihren Hund anhand eines Fotos aus.“ Oft
erwarte die zukünftigen Besitzer dann eine böse Überraschung. Die Tiere gelangen
über private Vermittler aus dem Ausland, etwa aus Rumänien, nach Deutschland.
Was für die Händler ein lukratives Geschäft sei, sei für die Tiere oft eine
Qual: „Mitunter vermitteln die Händler seelische und körperliche Krüppel.“
Frau Hoffe appelliert an die Vernunft der Menschen. Anstatt den Hundehandel auf Ebay zu unterstützen, solle man sich erst einmal mit dem Tier das Einzug in die eigenen vier Wände erhalten soll, vertraut machen, ehe es dort im Idealfall sein Leben lang bleibt. So könne man Überraschungen und die Abgabe ins Tierheim vermeiden.
„Ich bin nicht gegen Auslandstierschutz“, betont Frau Hoffe. Durch den unkontrollierten Handel über nationale Grenzen hinweg bestünde allerdings die Gefahr, dass Krankheiten wie Tollwut oder Parvovirose, die hierzulande durch Impfungen eingedämmt wurden, erneut ausbrechen. Das wolle sie nicht riskieren.
Als Positivbeispiel für Auslandstierschutz nennt sie den
Verein Tierhilfe Hoffnung, der mit der „Smeura“ in Rumänien das weltweit
größte Tierheim betreibt. Dort werden die Straßenhunde kastriert und gechipt. Die
Vermittlungen nach Deutschland laufen dann über deutsche Partner-Tierheime, wie
etwa das Tierheim Münster.
Wann sollte man sich (k)einen Hund zulegen?
Sich einen Hund
zuzulegen sei keine leichtfertige Entscheidung. Hundebesitzer benötigen Zeit und
nicht zuletzt die finanziellen Mittel. Denn zu den fixen Kosten kommen im
Zweifelsfall jene für den Tierarzt – und die sind unberechenbar. An ältere Menschen vermittele das Tierheim an der Dingstiege ausschließlich ältere Hunde, so Frau Hoffe. "Wenn sich eine Mitte Siebzigjährige einen Welpen aussucht, sage ich zu ihr: Rechnen Sie mal!"
Einen Hund aus Einsamkeit zu adopieren ist Frau Hoffe zufolge prinzipiell keine schlechte Idee: „Der Hund ist ein Kommunikationsfaktor. Beim Spazierengehen kommen Sie mit Menschen ins Gespräch, mit denen Sie vorher kein Wort gewechselt haben.“ Wichtig sei aber in jedem Fall, den Hund als Tier seinen Bedürfnissen entsprechend zu halten und nicht zu vermenschlichen.
Sich in Zeiten der Pandemie ein Tier zuzulegen, berge allerdings ein Risiko: Die Menschen verbringen mehr Zeit zu Hause als sonst. Diesen Faktor habe das Tierheim bei der Vermittlung bedacht und mit den Interessenten besprochen, versichert Frau Hoffe und ist zuversichtlich: „Das wird uns nach Corona nicht auf die Füße fallen.“
Für die Zukunft wünscht sie sich, dass sich die Menschen wieder mehr ehrenamtlich engagieren. Denn Tierschutz ist auf Menschen angewiesen, die anpacken - oder mit Frau Hoffes Worten: "Menschen, die reinkommen und fragen: Wo steht's Klavier?"
Bannerfoto: Meret Laser. Doris Hoffe vor dem Büroeingang des Tierheims Münster an der Dingstiege.