Die meisten Menschen verstehen unter etwas Besonderem jeweils eine eigene Interpretation. So ist für den einen der Porsche und für den anderen eine Schmetterlingssammlung etwas ganz Besonderes. Das, was man jeweils darunter versteht, ist ergo weniger ein objektives Kriterium als mehr etwas Subjektives.
Das Besondere ist folglich etwas, das auf persönlichen Präferenzen beruht, die sich auf individuelle Erfahrungen begründen. Im Magazin „Der Spiegel“ versucht man dies aktuell daran zu erläutern, dass die Erziehung das Verhältnis zur Demokratie stützt.
Aber worin liegt der Unterschied zwischen meinem Blickwinkel auf einen Baum und dem aller anderen? Man könnte ergo sagen, dass dies (u.a.) in der Syntax des Lebens besteht, also wann etwas in einem Lebenslauf stattfand.
Ob man also seinen ersten Apfelbaum mit eins oder mit zwölf erblickte, ist signifikant dafür, welche Relevanz etwas in einem Leben hat. Alles was man vorher bereits erlebt hat konnotiert das, was man aktuell erlebt. Es ist die Kohärenz aller Erfahrungen, die das aktuelle im Geist so und nicht anders konnotiert und manifestiert.
Wenn einem folglich ein Birnbaum während seiner Kindheit angenehmen Schatten spendete, wird man diese positive Erfahrung auch auf den Eindruck des ersten Weihnachtsbaumes übertragen.
Umgekehrt ist es ähnlich. Wenn es Weihnachten unterm Christbaum immer Stress gab, wird man nie die gleiche Freude an einem Apfelbaum empfinden, als wenn der 24. Dezember immer ein Fest der Freude gewesen wäre.
Natürlich ist das jetzt klein gedacht. Denn die Perzeptionen
sind nicht das einzige Kriterium, für die subjektive Wahrnehmung der eigenen Welt.
Wenn Glück als Motor des Fortschritts ausschließlich über Fleiss im Sinne von Aktion gelernt wird, also das Gefühl von Glück nur dann eine Legitimität erhält, wenn man vorher fleißig war, wird es einem nie gelingen, im Müßiggang eine Befriedigung oder gar „Glück“, zu erfahren.
Vielleicht ist es deshalb für viele so unmöglich, zu verstehen, welche Qualität beispielsweise im Nichtstun liegen kann. Man negiert den Aspekt des Potentials des „Nach-denkens“, weil nur ein dauernder Informationsinput als konstruktiv und Glück würdig empfunden wird, selbst, wenn man nichts gelernt hat. Es geht folglich in diesem Fall nicht um die Qualität des Begreifens, sondern um die Quantität der Aufnahme von Eindrücken.
Gut, dass wir an gesellschaftlichen Feiertagen immer wieder die Möglichkeit haben, oder beinahe dazu gezwungen werden, uns und unsere Gedanken ertragen zu müssen. Die Zeit fehlender neuer Impulse zwingen uns dazu, die Gedanken zu sortieren, sie zu kategorisieren und neu zu bewerten.
Das Phantastische daran ist, dass sich die Vergangenheit zwar nicht ändern lässt, aber immer wieder neu reflektiert werden kann, je nachdem, was einen aktuell tangiert.
Ein Beispiel:
Der erste Schultag war vielleicht mies, weil Mama schlecht drauf war, Vati einem mit Spucke den Scheitel gezogen hat oder man der Kleinste in der Klasse war. Folglich möchte man die Situation Schule zukünftig vermeiden, weil sie nicht positiv abgespeichert wurde. Sollte es aber im Laufe eines Lebens zu einer unvermeidlichen Situation kommen, die schulähnlich ist, könnte man, statt sich im negativen Gefühl zu baden auch den Schluss aus vergangenen Erfahrungen ziehen, dass, wenn man auf den Begleitschutz vermeintlich Wohlgesonnener in jenen Momenten verzichtet, Lehrveranstaltungen ganz neue Potentiale entwickeln.
Der gleiche Event der Vergangenheit wird somit zum Lehrmeister
der Vermeidung von unangenehmen Gefühlen im Jetzt. Weil man das gleiche Moment
der Vergangenheit einfach nur anders betrachtet. Die Vergangenheit hat sich folglich
nicht gewandelt, sondern das Verhältnis, wie wir zu ihr stehen oder sie
betrachten und interpretieren.
So hat auch Weihnachten folglich, neben der Geschenkeflut, viele interessante Momente. Es kann zum Lehrmeister der Muße und Interpretationswandel führen. Wenn sie folglich das Fest der Liebe immer hassten und vermieden, weil sie zum Singen gezwungen wurden, könnte es zukünftig eine ganz neue Relevanz erlangen, wenn Sie es zu einem völlig neuen Ereignis machen.
Wenn Sie in diesem Jahr beispielsweise nur auf das gehasste Singen verzichten, kann das Fest der Liebe plötzlich auch für Sie zu einem echten Fest der Freude werden und somit für Ihren Nachwuchs für lange Zeit oder gar für ein ganzes Leben positiv in Erinnerung bleiben.
Text: adolf.muenstermann@gmail.com
Bild: Pixabay