17.12.2020/Kreis Coesfeld. Weihnachtszeit ist Lichterzeit: Leuchtende Adventskränze, Dekosterne und Weihnachtsbäume in den Schaufenstern vieler Geschäfte und auf öffentlichen Plätzen bringen Licht in die dunkle Winterzeit und locken Besucherinnen und Besucher von nah und fern in die Innenstädte. Was heute zur vorweihnachtlichen Atmosphäre beiträgt, sorgte sechs Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg im November 1951 für Aufruhr im Kreis Lüdinghausen. Eine Akte im Kreisarchiv gibt darüber Auskunft.
Auf Veranlassung des nordrhein-westfälischen Landkreistages in Düsseldorf erließ der Hauptausschuss des Kreistages Lüdinghausen eine Entschließung, in der vor allem das Aufstellen von Weihnachtsbäumen zu Werbezwecken in der Adventszeit kritisiert wurde: „Neben einer übertriebenen kohlenzehrenden Lichtreklame ist das deutsche Symbol des Weihnachtsfestes, der Christbaum, wochenlang vor dem Fest in Schaufenstern und auf öffentlichen Plätzen als Reklamemittel missbraucht worden.“ Der Weihnachtsbaum sei das Symbol des Heiligen Abends, an dem sich die Familien zu „trauten“ Feiern versammelten. Es sei nicht im Sinne der Bevölkerung des Kreises Lüdinghausen, ihn zu „Reklamezwecken zu benützen“.
Der Protest des Einzelhandels ließ nicht lange auf sich warten. Die Kreisvereinigung Lüdinghausen des Einzelhandelsverbandes Nordwestfalen wehrte sich in der Presse mit einer Stellungnahme an den Hauptausschuss gegen den Vorwurf, Weihnachtsbäume in der Vergangenheit als Werbemittel missbraucht zu haben. Auch der Appell, die Lichtreklame einzuschränken, sei überflüssig, da der Wirtschaftsminister jegliche Weihnachtsbeleuchtung für 1951 verboten habe. Ebenso bedauerte der Vorsitzende der Vereinigung, Boll, dass die Angelegenheit nicht mit dem Einzelhandel des Kreises kommuniziert worden sei.
Last but not least nahm der Verband Stellung zur Weihnachtswerbung in den Jahren 1949 und 1950. Im Konkurrenzkampf mit den benachbarten Großstädten müsse der Einzelhandel im Kreis Lüdinghausen Werbung machen, um die Kaufkraft im heimischen Kreis zu stärken. „Die vollen Straßen, vor allem während der abendlichen Beleuchtung, haben bewiesen, dass wir auf dem rechten Wege sind“, rechtfertigte Boll die Werbemaßnahmen. Deshalb könne auch keine Rede davon sein, dass die Bevölkerung Anstoß daran nehme. Bis zur Beilegung der Sache folgte eine weitere öffentliche Auseinandersetzung in Form eines Offenen Briefes von Seiten des Kreises Lüdinghausen (Landrat Deist und Oberkreisdirektor Weskamp) sowie einer Antwort des Vertreters des Einzelhandels. Was die Bürgerinnen und Bürger des Kreises von dieser „Presseschlacht“ im Vorfeld des „besinnlichen“ Advents hielten, ist in der Akte nicht überliefert.
Kreis Coesfeld