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Katastrophe des Kontostands

Für viele ist der Genitiv ein Übel, das sich durch den Dativ beinahe vollständig verdrängen lässt, aber wann verdammt setzt man ihn wie, also warum heißt es „des Autos“ aber „des Gottes“.

Grammatik zum Frühstück ist wie Salat für Fleischfresser. Dennoch, zu wissen, zumindest von der Tendenz her, wann was genutzt wird, ist doch immer hilfreich und wenn es nur zum Klugscheissen ist.

Zum einen hängt die Nutzung der langen und kurzen Genitivendung von der Frequentierung ab. Wurde also das Wort im Genitiv häufig benutzt, wie das Substantiv „Gott“ im Mittelalter, so hat sich die Genitivversion mit silbischem „e“ durchgesetzt.

Das liegt zum einen daran, dass der Genitiv mitverantwortlich dafür war, dass wir heute eine Wortsprache sprechen und keine Silbensprache.

Des Baums vs. des Baumes ist unter anderem deshalb klar und unklar, weil das lange Genitiv „es“ den Stamm verwässert. Es ist leichter zu erkennen, dass es sich um einen Baum handelt, wenn dem Wortstamm nicht zu viele Buchstaben angehängt werden. Also die Blätter des Baums lassen auch den größten Adi erkennen, dass ein Baum ein Baum und deshalb auch die Blätter vom Baum sind, also des Baums. Baumes, ist hingegen zweisilbig Bau – mes also wurde der Stamm so verändert, dass man beim silbischen trennen  eher an den Berliner Flughafen als den Schwarzwald denken würde.

Auf der anderen Seite tritt der lange Genitiv auf, weil er prosodisch, also vom Klang her schöner scheint. So lässt sich in Gedichten besserer Rhythmus erlangen, wenn aus dem Baum des Baumes wird.

„Hinter eines Bau-mes Rinde,

saß die Made mit dem Kinde

(denn der Gatte

den sie hatte

fiel vom Blatte")

(Heinz Erhardt)

Dies führte unter anderem dazu, Menschen die Gedichte lasen, also Bildungsbürgertum sich auch den langen Genitiv im Sprachgebrauch aneigneten, was dem Abbau des Genitiv zum Dativ behinderte. Das schicke „es“ trotzte dem Dativ.

Aber kurz zu den Regeln:

 

      1. Beinahe immer wenn ein Vollvokal am Ende des Stammes, neigt unsere Sprache zu kurzem „s“. des Kinos Programm ist schieße. (Vollvokal  „o“)  

      2. Wenn der Stamm auf einen „vollen“ Konsonanten wie „m“ endet, nutzt man meist die Langform: Des Stammes Rinde  

      3. Auch wenn die Worte auf hartem  „d“ enden, addieren wir meist ein langes Genitivending: Des Sandes Körnung  

      4. Obligatorisch wird als Unterscheidungshilfe bei Worten mit auslautendem S“s“ wie Gras, ein langes Genitivsuffix (Endung, die aufgrund des Falles an den Wortstamm gehängt wird. Nennt man auch Flexion, oder bei Substantiven und Adjektiven auch Deklination. Bei allen anderen, bis auf Partikeln wie „zu“ sagt man Konjugation“) Des Grases THC Gehalt  

      5. Einsilbige Worte tendieren folglich zu langem Genitiv. Hingegen mehrsilbige zum Kurzen. So heißt es: sprachliches Mittel des jeweiligen Standes  

 aber die Katastrophe des Kontostands

 Zum Dativ wurde nicht nur der lange Genitiv, meist bei männlichem sowie neutralem Geschlecht.  Man sagt also eher:  Von dem netten Mann als des netten Mannes

Aber: Das Antlitz der Frau  statt   das Antlitz von der Frau  

Gleichzeitig wird bei der Benutzung von Präpositionen wie „wegen“ der Genitiv verstärkt

Also: Wegen des Geldmangels    statt    wegen dem Geldmangel.  

Und weil das nicht nur orthographisch zutrifft, muss ich an dieser Stelle aufhören.

 

Bis morgen,

 

Text: Adolf.muenstermann@gmail.com

Bild: Pixabay