Zum Inhalt springen
OZD.news - News und Nachrichten zum Nachschlagen

Hatte er eine Hose an?

Ohne jede Kenntnis über den Corona Status quo, möchte ich heute über etwas schreiben, das in diesen Tagen selten geworden ist: Besuch von einem echten Freund.

Das Wetter war scheiße und auch sonst bekam ich meinen Hintern kaum hoch, weshalb das schlechte Gewissen, nicht zu lernen proportional mit meiner Prokrastination anwuchs, aber in einer Stunde kommt Max, weshalb ich mich dann doch erhob und das Notwendigste in den heimischen vier Wänden vollzog.

Max und ich lernten uns als Kreativteam in München kennen, wo wir als Texter und Arter gemeinsam Ideen für die Süddeutsche, duden, Mc Donalds und andere Kunden entwickelten. Mit viel „hellem“ und noch mehr Dekadenz verbrachten wir Golfspielend auf den Fluren der Agentur unendlich viele Lebensstunden beim Kreieren von geistigem Bullshit, mit dem wir Joghurt, Seidenbluse und Burger an den Mann und die Frau bringen sollten. Kurz: wir befanden uns auf der dunklen Seite der Macht und genossen es.

Und wie Uwe Ortstein der Anfang 1971 für die Frankfurter Agentur Young & Rubicam die lila Milkakuh entwickelte und heute in einem Kloster weilt, so haben auch Max und ich die alternativen Pfade des Glücks betreten, die, auf denen Chakren statt Testimonials den Lebensweg begleiten. Das hat, zugegebenermaßen etwas weniger Sexyness auf den ersten und leider auch auf den zweiten Blick, denn ganz ohne Zweifel sind die Pornobildchenchats zwischen uns und Kollegen aus unserem Leben weitestgehend verdrängt, aber  dafür gibt es die selteneren Glücksmomente auch nicht „heute nur für 0,69 Cent“ bei Penny und Co, sondern nur in unserem Leben.

Unsere Treffen bekommen wieder den Charme von kleinen Jungs, die sich im Wald treffen, um mit dem Blick auf einen rauschenden Bach über den üppigen Busen von Julia, die Spange von Kathrin oder den dicken Hintern von Paula zu diskutieren. Denn Max und ich haben beide kein Smartphone mehr und auch sonst haben wir uns von der Welt, die einst unseren Alltag bestimmte, weit entfernt. Da wo ich früher Onlinegames für „always ultra“ entwickelte, lese ich heute Sartre und bei Max früher „dann mach es wenigstens in 3D“ vorherrschte, meditiert er heute.

Wenn wir uns an Tagen wie gestern wiedersehen, spazieren wir meist erst eine Stunde, um das übliche Lebenschaos mit Frauen und Job oder Studiumsumständen wenigsten kurz angesprochen zu haben, um, dann, in diesem Falle auf der Couch, stundenlang über den Sinn des Lebens zu philosophieren. Die Argumente des Texters werden zu Zitaten von westlichen Denkern und die des vormaligen Arters zu denen von Buddha und Zen-Meistern.

Gestern beispielsweise ging es um Gott. Ist der, dessen Name so viele Synonyme hat eine extratranzendentale Entität, die nur aus Beschreibungen entsteht und sich deshalb nicht widersprechen kann?  Begründet sich unser fehlendes Verständnis für unbekannte Dimensionen auf den Kugel/Kreis Effekt? Will heißen, sind wir nicht in der Lage, eine Kugel zu abstrahieren, wo wir nur Kreise kennen?

Oder sind die Synchronizitäten von Carl Jung mehr als Zufälle, die von einem wahrhaft überirdischen Sein gelenkt und ggf. sogar geschaffen werden?

Auf all diese und noch viel mehr Fragen, haben wir natürlich auch eine Antwort gefunden, aber im Ping Pong der Argumente viel über die Art zu denken des anderen erfahren.

Mit jedem Gespräch lernen wir uns besser kennen und können aus der Argumentationslogik zur Todesstrafe die geistige Gemeinsamkeit im Bild über das andere Geschlecht abschätzen. Und damit muss keine destruktive Konnotation verbunden sein. Es ist das Subtrahieren der Worte zur Selektion der Argumentationsstruktur, die das Verständnis erhöht. Der Aufbau der Argumente folgt immer nach dem gleichen Prinzip. Die Emotionen kommen immer an den gleichen Stellen in Wallung und beiden fehlt immer wieder an den gleichen Stellen das richtige Wort.  

Es ist wunderbar. Die Kultivierung der privaten Sprache Habitus, die keiner besser versteht als der beste Freund.

Highlight gestern: … „Und dann brachte ich ihr das Etui in die Schule und Frau Dingsbums fragte: „ war das dein Vater?“ – (und Max für Zoé:) Hatte er eine Hose an?  

Darauf gab es früher ein Helles im Taxi zum Flughafen und gestern Yasmintee. Ich möchte nicht mehr tauschen.

Bis bald mein Freund, es war ein Fest!

 

Text: adolf.muenstermann@gmail.com

Bild: Pixabay