Auch mit zunehmender Dauer genießen Ärzte und Experten während der Corona-Pandemie ein hohes Vertrauen bei den Menschen im Münsterland. Obwohl das Virus nun schon seit fast zehn Monaten Einschränkungen nötig macht, sind die Bürger in der Region Münster überzeugt, dass die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie sinnvoll und wirksam sind. Zu diesen Ergebnissen kommen Kommunikationswissenschaftlerinnen und Kommunikationswissenschaftler der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster in einer Umfrage. Die repräsentative Befragung zeigt auch: Die meisten Bürger in und um Münster herum fühlen sich angesichts der Krise gut informiert, sie nehmen viel Solidarität wahr und würden sich zu einem großen Teil impfen lassen.
Für die Studie in den Kreisen Borken, Coesfeld, Steinfurt und Warendorf sowie in der Stadt Münster wurden Ende November und Anfang Dezember 629 Personen im Alter zwischen 18 und 80 Jahren befragt. Zu dieser Zeit infizierten sich innerhalb von sieben Tagen in Deutschland durchschnittlich rund 140 von 100.000 Menschen mit Corona. Für Münster und das Münsterland lag die „7-Tages-Inzidenz“ laborbestätigter COVID-19-Fälle bei 94 von 100.000.
Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanzierte Untersuchung von Prof. Dr. Bernd Blöbaum, Prof. Dr. Volker Gehrau, Dr. Hannah Lorenz, Carla Schieb und Sam Fujarski ist Teil der von der Fachhochschule Münster koordinierten Forschungsinitiative „münster.land.leben“. Sie ergänzt eine ebenfalls repräsentative Befragung im Münsterland während der ersten Corona-Welle im April und Mai 2020.
Corona und Vertrauen in Einrichtungen und Personen
Medien sind eine wichtige Quelle für Gesundheitsinformationen. Daneben gibt es jedoch noch zahlreiche andere Quellen, die die Bürger nutzen. Die Befragung zeigt, dass Ärzte und medizinisches Fachpersonal einen ausgezeichneten Ruf haben. 88 Prozent geben an, diesen Experten gegenüber „sehr großes“ oder „großes“ Vertrauen zu haben. Ähnliche Vertrauenswerte werden wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen wie Universitäten (77 Prozent) und Gesundheitsbehörden (81 Prozent) entgegengebracht. Auch Experten vom Universitätsklinikum Münster stehen bei den Bürgern im Münsterland hoch im Kurs: 81 Prozent bringen ihnen „sehr großes“ oder „großes“ Vertrauen entgegen. Nur fünf der insgesamt 629 Befragten geben an, kein Vertrauen in diese Quelle zu haben.
Die Befragung gibt außerdem Aufschluss darüber, ob das Vertrauen gegenüber Personen und Einrichtungen, die für politische Entscheidungen, Expertenwissen oder die Vermittlung von Informationen zuständig sind, eher zu- oder eher abgenommen hat. Für die Menschen im Münsterland haben vor allem wissenschaftliche Quellen an Vertrauen gewonnen. Die Experten des Robert Koch-Instituts, der bekannte Virologe Prof. Dr. Christian Drosten und die Kapazitäten der Universitätsklinik Münster haben als vertrauenswürdige Quellen im Verlauf der Corona-Pandemie gewonnen. Bei den politischen Entscheidungsträgern ist vor allem das Vertrauen in die Bundeskanzlerin gestiegen, während NRW-Ministerpräsident Armin Laschet der einzige politische Rollenträger ist, bei dem mehr befragte Personen angeben, ihr Vertrauen sei gesunken.
Verhalten in der Corona-Pandemie
Die Corona-Pandemie ist keine abstrakte Bedrohung. Im April/Mai 2020 gaben 10 von 100 Befragten an, in ihrem Umfeld Personen zu kennen, die mit dem Virus infiziert sind, vier Prozent hatten Kontakt zu infizierten Menschen. Im November/Dezember ist das Virus den Münsterländern noch näher gekommen. 31 Prozent haben mittlerweile einen Corona-Test gemacht beziehungsweise machen müssen, vor sieben Monaten waren es nur vier Prozent. Jeder fünfte Befragte gibt an, sich bei entsprechenden Symptomen schon einmal selbstständig in Quarantäne begeben zu haben. Weit über die Hälfte (57 Prozent) hält das Virus für „sehr“ beziehungsweise „eher gefährlich“. Jeder Vierte (25 Prozent) hält es für „sehr“ beziehungsweise „eher wahrscheinlich“, sich mit dem Virus zu infizieren.
Die Bürgerinnen und Bürger in Münster und den umliegenden Kreisen würden sich in großer Mehrheit gegen Corona impfen lassen, wenn ein zugelassener Impfstoff zur Verfügung steht – was zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht der Fall war. 38 Prozent geben an, es sei „sehr wahrscheinlich“, dass sie sich impfen lassen würden, weitere 22 Prozent halten dies für „eher wahrscheinlich“, während 23 Prozent angeben, es sei „eher“ oder „sehr unwahrscheinlich“. Bis eine Impfung flächendeckend Wirkung entfalten kann, müssen weiter die empfohlenen Hygieneempfehlungen und Schutzmaßnahmen eingehalten werden, an die sich die Befragten nach Selbstauskunft weitgehend halten.
Welche Auswirkungen die Pandemie für den Alltag der Menschen hat, lässt sich daran ablesen, dass die Hälfte täglich auf die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs verzichtet. Dazu kommt: Fast alle Bürger (86 Prozent) haben in den vier Wochen vor der Befragung, also im Herbst 2020, auf private Reisen verzichtet. Die Corona-Krise hinterlässt deutlich Spuren: Knapp ein Drittel der Befragten macht sich erhebliche Sorgen um die persönliche wirtschaftliche Zukunft – in einer Region, in der laut Befragungen im Vergleich zu anderen Regionen überwiegend glückliche und zufriedene Menschen leben. Zudem stimmt ein Drittel der Münsterländer der Aussage „voll und ganz“ und „eher“ zu, sich ziemlich hilflos wegen der Corona-Entwicklung zu fühlen.
Bewertung von Corona-Schutzmaßnahmen
Dass die sozialen Kontakte radikal zurückgefahren werden müssen, wie es auch die meisten medizinischen Experten fordern, wird im Münsterland als eine wirksame Strategie angesehen. Das Verbot von größeren privaten Feiern und die Schließung von Orten und Einrichtungen der sozialen Begegnung werden – wie die Ausweitung der Pflicht zum Tragen von Mund-Nasen-Schutz – als effektive Mittel zur Eindämmung der Pandemie empfunden. Über zwei Drittel der Befragten halten die Maßnahmen insgesamt für angemessen. Corona löst das Empfinden einer Bedrohung aus, denn immerhin 32 Prozent sagen, die Pandemie bereite ihnen große Angst. 89 Prozent geben an, es müsse alles Nötige getan werden, um die Ausbreitung des Virus zu stoppen.
Ein Teil der öffentlichen Diskussion drehte sich in den letzten Monaten um die Abwägung zwischen der Einschränkung von (persönlichen) Freiheitsrechten und gesundheitlichem Schutz. Für drei Viertel der Bürgerinnen und Bürger im Münsterland ist die Gesundheit letztendlich wichtiger als die persönliche Freiheit. Den Demonstrationen und Aktionen gegen Corona-Maßnahmen können die Menschen in der Region wenig abgewinnen. Nur elf Prozent halten solche Aktivitäten für „sehr“ oder „eher richtig“.
Corona und regionales Krisenmanagement
341 Tote und 2803 Infizierte im Münsterland Mitte Dezember dokumentieren, dass das Virus auch die Region nicht verschont. Die Befragten registrieren, welche erheblichen Folgen die Corona-Krise in der Region hat. 89 Prozent stimmen der Aussage „voll und ganz“ sowie „eher“ zu, dass die lokale Wirtschaft sehr unter den Konsequenzen der Pandemie leidet. Zu den positiven Effekten der Corona-Pandemie gehört jedoch in der Wahrnehmung der Befragten die Erfahrung von Solidarität. Über die Hälfte (55 Prozent) stimmen der Aussage zu, „die Menschen in meiner Region zeigen während der Corona-Krise mehr Solidarität“, 31 Prozent antworten hier mit „teils/teils“ und zwölf Prozent teilen diese Erfahrung nicht.
Drei Viertel der Befragten halten die Gesundheitsversorgung in der Region für sehr gut, nur drei von 100 stimmen dieser Aussage nicht zu. Ein ähnliches Bild zeigt die Antwortverteilung bei der Aussage „in meiner Region fühle ich mich sicher“. Die Münsterländer haben überwiegend den Eindruck, dass die Region auf die Pandemie gut vorbereitet ist: 58 stimmen zu, 29 antworten mit „teils/teils“, nur fünf Prozent sind hier skeptisch. In der Wahrnehmung der meisten Befragten gehen die regionalen Behörden gut mit der Corona-Pandemie um. 60 Prozent geben an, mit dem Krisenmanagement der kommunalen Behörden einverstanden zu sein, weitere 29 Prozent stimmen teilweise und nur sechs Prozent stimmen hier nicht zu.
Gesundheitsinformationen während der Corona-Krise
Die Suche nach Informationen über die Pandemie wirkt sich auch auf die Mediennutzung aus. 51 Prozent der Befragten geben an, sich während der letzten vier Wochen täglich über Fernsehprogramme zu Gesundheitsfragen informiert zu haben. Das bedeutet einen leichten Rückgang gegenüber April/Mai, als sich – in der Frühphase der Pandemie – noch 58 Prozent mittels Fernsehsendungen informierten. Über die Hälfte (54 Prozent) nutzt – wie vor sieben Monaten – die Lokal- oder Regionalzeitung täglich oder mehrmals pro Woche, um sich in Sachen Gesundheit auf dem Laufenden zu halten. Das gezielte Suchen im Internet wird wie die Informationsaufnahme über soziale Medien im Laufe der Pandemie weniger praktiziert.
Allerdings geben knapp ein Viertel der Befragten an, sich täglich oder mehrmals pro Woche auch aus alternativen Quellen zu versorgen, „in denen andere Informationen über Corona angeboten werden als in den klassischen Medien“. Wissenschaftliche Forschungseinrichtungen haben etwas an Bedeutung verloren, während Gesundheitsbehörden wie das Robert Koch-Institut und das Bundesgesundheitsministerium als Quellen mehr Gewicht bekommen haben. Dies kann erklärt werden durch den Wunsch, aktuell geltende Hinweise etwa zu Risikogebieten, Reisemöglichkeiten oder zu Präventionsmaßnahmen wie Lüften, Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen zu bekommen.
Der Medienberichterstattung wird insgesamt ein sehr gutes bis gutes Zeugnis ausgestellt. Die meisten Menschen im Münsterland fühlen sich aktuell und kompetent informiert. Insgesamt halten drei Viertel der Befragten die Corona-Berichterstattung für vertrauenswürdig. Es mischen sich jedoch auch kritische Wahrnehmungen in dieses Bild. 38 Prozent haben den Eindruck, die Berichterstattung sei nicht ausgewogen, knapp 60 Prozent denken, es gebe zu viel Corona-Berichterstattung und 40 Prozent stimmen der Aussage „voll und ganz“ beziehungsweise „eher“ zu, dass die Corona-Berichte ihnen Angst machen. Wie bei anderen Befragungen zu Medienvertrauen und Medienskepsis gibt es auch im Münsterland einen nicht zu vernachlässigenden Teil von Menschen (17 Prozent), der die Berichterstattung zu Corona für manipuliert hält.
Universität Münster