Mit Einwanderungs-Quoten will Frankreich den Fachkräftemangel unter anderem in der Bau- und Automobilbranche beheben. Premierminister Edouard Philippe sagte am Mittwoch in Paris, das Parlament solle auf Vorschlag der Regierung jährliche Quoten für Mangelberufe beschließen. Der Vorstoß gehört zu einem Maßnahmenpaket, mit dem die Regierung nach Philippes Worten "die Kontrolle über die Einwanderungspolitik wiedererlangen" will. Es sieht auch Leistungskürzungen für Asylbewerber vor.
Mit der Neuregelung sollen nach Angaben des Pariser Arbeitsministeriums jährlich rund 33.000 Fachleute ins Land geholt werden. Die Quoten sollen voraussichtlich im kommenden Jahr erstmals greifen.
Die Fachkräfte sollen nach Angaben von Arbeitsministerin Muriel Pénicaud zeitlich befristete Arbeitsvisa erhalten. Die Regierung will dazu jedes Jahr eine Liste der Branchen vorlegen, in denen Fachkräftemangel herrscht. Händeringend gesucht werden in Frankreich etwa technische Zeichner, Automechaniker, Zimmerleute und Dachdecker. Aber auch an Haushaltshilfen und Tierärzten mangelt es.
Zuletzt hatte der konservative Präsident Nicolas Sarkozy 2007 für eine gesteuerte Einwanderung nach "wirtschaftlichen Bedürfnissen" geworben, die Pläne wurden jedoch später auf Eis gelegt. Präsident Emmanuel Macron lehnte Quoten zunächst ab. Er gibt nun den Forderungen von Unternehmen nach, die über zu hohe Hürden bei der Anwerbung klagen. Der Arbeitgeberverband Medef erklärte, Quoten könnten die Rekrutierung von ausländischen Kräften "einfacher und planbarer machen".
Lautstarke Kritik an den Quotenplänen kommt von der Rechtspopulistin Marine Le Pen: "In einem Land mit sechs Millionen Arbeitslosen sollte es die Priorität einer Regierung sein, ihren eigenen Bürgern eine Beschäftigung zu geben", sagte sie in einem Interview.
Die Regierung will französische Universitäten auch für ausländische Studierende attraktiver machen - ihre Zahl soll sich bis 2027 verdoppeln. Derzeit sind nach offiziellen Angaben rund 325.000 Ausländer in Frankreich eingeschrieben.
Der 20-Punkte-Plan der Regierung zur Einwanderung sieht zudem Leistungskürzungen für Asylbewerber vor: Künftig sollen sie in den ersten drei Monaten keinen Zugang zur staatlichen Gesundheitsversorgung mehr haben. Damit soll Sozialmissbrauch verhindert werden. In Notfällen sind Ausnahmen vorgesehen.
Verschärft werden die Regeln auch für abgelehnte Asylbewerber und Ausländer, deren Aufenthaltsgenehmigung abgelaufen ist: Sie sollen demnach nur noch sechs Monate Anspruch auf Gesundheitsleistungen haben statt bisher zwölf. Die verschärften Regeln stoßen im linken Lager bis in die Reihen der Regierungsmehrheit auf Kritik. Auch Hilfsorganisationen warnten davor, die Gesundheitspolitik gegen Migranten zu "instrumentalisieren".
Die Regierung bekräftigte zudem, dass sie Abschiebungen forcieren will, wie Präsident Macron es bereits mehrfach angekündigt hat. Die Einwanderungsbehörde Ofpra soll 200 zusätzliche Mitarbeiter erhalten, um Asylanträge innerhalb von sechs Monaten bearbeiten zu können, wie Innenminister Christophe Castaner sagte.
Für Flüchtlinge sollen nach seinen Worten rund 16.000 neue Plätze zur Unterbringung geschaffen werden. Hilfsorganisationen beklagen die prekären Bedingungen, unter denen viele Menschen leben. In Paris und am Ärmelkanal gibt es slumartige Zeltstädte, welche die Regierung regelmäßig räumen lässt. Sie entstehen aber immer wieder neu.
lob/cp
Fabrice RANDOUX / © Agence France-Presse