Nach einer Reihe umstrittener Äußerung des AfD-Politikers Stephan Brandner haben alle anderen Parteien im Bundestag gemeinsam dessen Rücktritt als Vorsitzender des Rechtsausschusses verlangt. Brandner fehlten "Anstand, Respekt und Würde" für das Amt des Vorsitzenden, hieß es in einer Erklärung, die der CDU-Abgeordnete Jan-Marco Luczak im Namen aller Fraktionen am Mittwoch abgab. Brandner erklärte daraufhin, er sehe "keinen Grund für einen Rücktritt" als Ausschussvorsitzender.
In der Erklärung der fünf anderen Parteien hieß es: "Es vergeht keine Woche ohne Grenzüberschreitungen und Entgleisungen, ohne dass er ausgrenzt oder Ressentiments schürt." Brandners Handeln stehe in fundamentalem Widerspruch zu einer "von einem freien und offenen Geist geprägten Gesellschaft, in der sich Menschen mit Respekt und Toleranz begegnen".
Dem Rechtsausschuss komme innerhalb der freiheitlich demokratischen Grundordnung eine besondere Funktion zu, hieß es weiter. "Er wacht über Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Werte unseres Grundgesetzes." Brandner schade dem Ansehen des Amtes und des gesamten Parlamentes. "Er ist für uns daher untragbar. Er repräsentiert uns nicht und wir wollen auch nicht von ihm repräsentiert werden."
Den Angaben zufolge wird sich der Geschäftsordnungs-Ausschuss am Donnerstag mit der Frage befassen, wie Brandner abgewählt werden kann, wenn er nicht zurücktritt.
Union, SPD, Grüne und Linke bekannten sich zugleich zu den Vereinbarungen im Ältestenrat, wonach der AfD-Fraktion der Vorsitz im Rechtsausschuss zusteht. "Wir wenden uns daher nicht gegen die AfD als solche, sondern allein gegen das inakzeptable Verhalten von Brandner." Der AfD steht es frei, ihn zurückzuziehen und jemand anderen zu benennen.
Brandner war zuletzt in die Kritik geraten, weil er die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an den Rockmusiker Udo Lindenberg als "Judaslohn" geschmäht hatte. Zudem hatte er nach dem Anschlag in Halle im Internetdienst Twitter einen Tweet geteilt, in dem zu lesen war, dass Politiker vor Synagogen "lungern". Dies spielte offenbar auf die öffentlichen Solidaritätsversammlungen vor den jüdischen Gotteshäusern an. Von diesem Tweet rückte er später ab.
In einer Erklärung warf Brandner den anderen Parteien vor, sie hätten in der Ausschusssitzung am Mittwoch "nur haltlose, unkonkrete Anschuldigungen" gegen ihn erhoben. Die Äußerungen zu Lindenberg via Twitter habe er "als Privatperson" gemacht. Auch Politiker anderer Parteien hätten den Begriff "Judaslohn" schon benutzt, so der AfD-Abgeordnete.
"Inhaltliche Kritik an meiner Arbeit als Ausschussvorsitzender ist mir nicht bekannt, im Gegenteil", erklärte Brandner weiter. "Es gibt daher keinen Grund für einen Rücktritt vom Vorsitz des Rechtsausschusses."
cha/jp