Nach dem Absturz der CDU bei der Landtagswahl in Thüringen schwindet der Rückhalt für Landes- und Fraktionschef Mike Mohring. Bei seiner Wiederwahl zum Fraktionschef im Landtag erhielt der 47-Jährige am Mittwoch in Erfurt nur zwei Drittel der Stimmen, wie ein Fraktionssprecher mitteilte. Mohring bekräftigte, dass die CDU in Thüringen weder mit der AfD noch mit der Linken zusammenarbeiten werde.
Nach den dramatischen Verlusten für die CDU bei der Landtagswahl vor anderthalb Wochen und wegen eines parteiinternen Richtungsstreits steht Mohring derzeit erheblich unter Druck. Bei der Wahl am 27. Oktober verloren die Christdemokraten knapp zwölf Prozent der Stimmen und kamen hinter der Linken und der AfD nur auf Platz drei. Bei der konstituierenden CDU-Fraktionssitzung in Erfurt stimmten 14 der 21 Abgeordneten für Mohring, sieben gegen ihn. Vor fünf Jahren war Mohring noch einstimmig als Fraktionschef bestätigt worden.
Wegen der schwierigen Mehrheitsverhältnisse nach der Wahl, bei der keine wie auch immer geartete Koalition abseits der AfD eine Mehrheit hat, entbrannte in der CDU ein Richtungsstreit vor allem über den Umgang mit der Linken und der AfD. Eine Gruppe von Thüringer CDU-Kommunalpolitikern forderte "ergebnisoffene" Gespräche auch mit der AfD und begründete dies mit deren hohem Stimmenanteil bei der Landtagswahl, der nicht ignoriert werden könne.
Damit stellten sich die Funktionäre gegen die offizielle Linie der Bundespartei und des CDU-Landesvorstands, die eine Zusammenarbeit mit der AfD ausschließen. Die CDU-Fraktion sei sich einig darüber, dass es mit Linken oder AfD keine Koalition, keine Kooperation und "auch keine Grauzonen dazwischen" geben werde, bekräftigte Mohring. Zugleich verwahrte er sich gegen Kritik von CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak, der den Aufruf der CDU-Politiker als "irre" bezeichnet hatte. Alle Mitglieder der Partei könnten ihre Meinung sagen, betonte Mohring.
Der Thüringer AfD-Partei- und Fraktionschef Björn Höcke bot CDU und FDP am Mittwoch offiziell Gespräche über die Möglichkeiten der Regierungsbildung an. In einem Schreiben an Mohring und FDP-Chef Thomas Kemmerich schlug Höcke vor, "gemeinsam über neue Formen der Zusammenarbeit ins Gespräch zu kommen". Wie Mohring erteilte dem auch Kemmerich umgehend eine Absage.
Ziemiak warf der AfD eine Nähe zu nationalsozialistischem Gedankengut vor und rief seine Partei erneut zu "schärfster Abgrenzung" auf. "Höcke ist für mich ein Nazi und die AfD mit ihm auf dem Weg zur NPD 2.0", schrieb Ziemiak in einem Gastbeitrag für "Spiegel Online". Eine Zusammenarbeit mit der AfD wäre "ein Verrat an unseren christdemokratischen Werten".
Mohring selbst strebt nach wie vor eine CDU-geführte Minderheitsregierung mit FDP, SPD und Grünen an. Nach Bekanntgabe des endgültigen Wahlergebnisses durch den Landeswahlleiter am Donnerstag wolle er das Gespräch mit den anderen Parteien suchen. SPD und Grüne wollen allerdings weiterhin mit der Linkspartei unter Ministerpräsident Bodo Ramelow regieren, auch wenn das Bündnis keine Mehrheit mehr hat.
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