Der neue Fall von Kindesmissbrauch und Kinderpornografie in Nordrhein-Westfalen hat sich massiv ausgeweitet: Mittlerweile sind den Ermittlern acht Opfer im Alter zwischen einem und elf Jahren bekannt, nach vier Festnahmen bereits in der vergangenen Woche wurden am Dienstagabend und in der Nacht zum Mittwoch zwei weitere Verdächtige vorläufig festgenommen, wie Vertreter von Staatsanwaltschaft und Polizei vor Journalisten in Köln mitteilten.
Um das ganze Ausmaß des Missbrauchsfalls möglichst schnell zu ermessen, wertet die Polizei demnach die bislang gesicherten Datenträger mittlerweile im Schichtbetrieb aus. Nach Angaben des Kölner Polizeipräsidenten Uwe Jacob stießen die Beamten bei den bisherigen Ermittlungen auf Kindesmissbrauch "in massivster Form".
Wie perfide diese Taten im einzelnen seien, lasse sich daran erkennen, dass unter anderem anderem umfangreiches Sexspielzeug, Fesselmaterial und "Liebesbriefe in Kinderhandschrift" beschlagnahmt worden seien. Das Verfahren auch "eine besondere Belastung" für die Ermittler, sagte Jacob.
Der Behördenleiter betonte, allein auf einem der beschlagnahmten Handys seien 469 Chats mit 113.000 Chatnachrichten aufgezeichnet sowie mehr als 130.000 Bilder und über 1300 Videos gespeichert. "Ein Verfahren in diesem Umfang habe wir hier zumindest in Köln in dieser Art und Weise noch nicht gehabt."
Nach Angaben des Kölner Oberstaatsanwalts Ulrich Bremer werden nunmehr alle Ermittlungsverfahren in Nordrhein-Westfalen, die aus der Auswertung des Materials resultieren, zentral bei der Staatsanwaltschaft Köln angesiedelt. Laut Polizei wurden fünf Beschuldigte in Nordrhein-Westfalen und der sechste in Hessen festgenommen, Hinweise auf Tatverdächtige in weiteren Bundesländern gab es zunächst nicht.
Der neue Fall von Kindesmissbrauch und Kinderpornografie war in der vergangenen Woche bekannt geworden. Ein erster Tatverdächtiger wurde am 21. Oktober in Bergisch Gladbach bei Köln festgenommen. Er soll Bremer zufolge über Mitteilungsdienste mit einer bislang unbekannten Zahl von Menschen in Kontakt gestanden haben.
Diese Mitteilungsdienste böten die Möglichkeit einer anonymen Kommunikation, sagte der Oberstaatsanwalt. Die Ermittlungen seien daher auch technisch sehr anspruchsvoll und eine "Mammutaufgabe" für die Polizei.
Drei weitere Verdächtige in dem Fall waren noch Ende Oktober im Raum Wesel am Niederrhein, im Bereich Wiesbaden sowie im Raum Langenfeld im Rheinland festgenommen worden. Laut Staatsanwaltschaft wurde das Anwesen des Beschuldigten in Bergisch Gladbach in den vergangenen Tagen nochmals mit speziell ausgebildeten Datenspeichercherspürhunden durchsucht.
Dabei wurden weitere Datenträger "in nicht unerheblichem Ausmaß" gefunden, wie der Oberstaatsanwalt sagte. Erste Auswertungen hätten ergeben, dass einige Datenträger kinderpornografisches Material enthielten.
Der fünfte Tatverdächtige wurde den Behörden zufolge am Dienstagabend in Krefeld festgenommen. Er gab demnach Hinweise auf einen weiteren Verdächtigen im Raum Viersen beziehungsweise Aachen, der daraufhin in der Nacht zum Mittwoch ebenfalls vorläufig festgenommen wurde.
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