Der älteste Sohn von US-Präsident Donald Trump hat die mutmaßliche Identität des anonymen Informanten verbreitet, der die Ukraine-Affäre ins Rollen gebracht hatte. Demnach handelt es sich um einen Analysten des Auslandsgeheimdienstes CIA, wie aus einer Botschaft von Donald Trump junior vom Mittwoch im Internetdienst Twitter hervorgeht. Die Nachrichtenagentur AFP verfügt über keine eigenen Informationen zur Identität des Informanten und veröffentlicht dessen Namen nicht.
Der von dem Trump-Sohn genannte Name kursiert bereits seit Wochen im Internet. Durch den Tweet von Donald Trump junior wurde der Name nun erstmals aus dem unmittelbaren Umkreis des Präsidenten öffentlich verbreitet. In den US-Behörden gelten strikte Regeln, um die Identität von sogenannten Whistleblowern zu schützen, die über die dafür vorgesehenen offiziellen Kanäle über interne Missstände berichten.
Der Anwalt Andrew Bakaj, der den Ukraine-Informanten vertritt, wollte sich nicht dazu äußern, ob der von dem Trump-Sohn genannte Name zutrifft oder nicht. Er sagte jedoch, dass der genannte Regierungsmitarbeiter und dessen Familie durch die Namensnennung in Gefahr gebracht würden. Bakaj hatte bereits in den vergangenen Wochen "ernsthafte Sorgen" um die Sicherheit seines Mandanten bekundet.
Trump versucht seit Wochen, die Glaubwürdigkeit des Informanten zu zerstören. Er unterstellt ihm parteipolitische Motive. "Es gibt keinen Whistleblower. Es gibt jemanden mit einer Agenda gegen Donald Trump", twitterte der Präsident erst am Montag.
Der Whistleblower hatte intern Alarm wegen eines Telefonats zwischen Trump und dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj vom 25. Juli geschlagen, das im Zentrum der Affäre steht. Der Präsident habe darin "die Einmischung eines anderen Landes in die US-Wahl 2020" erbeten, berichtete er. Der Informant hatte das Telefonat zwar nicht selbst verfolgt, war darüber aber von anderen Regierungsmitarbeitern informiert worden.
Trump wirft dem Informanten vor, den Gesprächsinhalt verzerrt zu haben. Ein vom Weißen Haus veröffentlichtes Protokoll des Telefonats bestätigte allerdings die Angaben des Informanten - obwohl es sich bei dem Protokoll nur um eine grobe Wiedergabe des Gesprächs handelt.
Demnach drängte Trump seinen ukrainischen Kollegen zu Ermittlungen gegen den demokratischen Präsidentschaftsbewerber Joe Biden und dessen früher für eine ukrainische Gasfirma tätigen Sohn. Trumps durch keinerlei Belege gestützter Verdacht lautet, sein potenzieller Herausforderer bei der Wahl 2020 habe in seinem früheren Amt als US-Vizepräsident seinen Sohn vor ukrainischen Korruptionsermittlungen geschützt.
Auch forderte der US-Präsident von Selenskyj Ermittlungen zu einer obskuren Verschwörungstheorie, wonach die Ukraine den US-Demokraten bei der US-Wahl 2016 geholfen haben soll. Die Beschwerde des Whistleblowers veranlasste die Demokraten Ende September dazu, im von ihnen kontrollierten Repräsentantenhaus eine Untersuchung zu einem möglichen Amtsenthebungsverfahren gegen Trump einzuleiten.
Diese Untersuchung hat zuletzt an Dynamik gewonnen. So bestätigte inzwischen der US-Botschafter bei der EU, Gordon Sondland, in einer schriftlichen Erklärung, dass die Freigabe von Militärhilfen für Kiew zeitweise von einer öffentlichen ukrainischen Ankündigung der von Trump gewünschten Ermittlungen gegen Biden abhängig gemacht worden sei.
Die Zeugenaussagen im Rahmen der Untersuchung finden bislang hinter verschlossenen Türen statt. Doch begannen die Demokraten zuletzt damit, die Mitschriften bisheriger Aussagen zu veröffentlichen. Kommende Woche sollen dann erstmals öffentliche Vernehmungen stattfinden, wie die Demokraten am Mittwoch ankündigten.
Am nächsten Mittwoch soll der US-Geschäftsträger in Kiew, Bill Taylor, öffentlich aussagen, am Freitag danach die Ex-Botschafterin in der Ukraine, Marie Yovanovitch. Erhebt das Repräsentantenhaus wie erwartet nach Abschluss der Untersuchung Anklage gegen Trump, würde das anschließende Amtsenthebungsverfahren aber im Senat stattfinden. Da diese Kammer von Trumps Republikanern dominiert wird, gilt seine Absetzung als unwahrscheinlich.
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Daniel JAHN / © Agence France-Presse