Wissen Sie, was das Interessante an der Corona Krise ist? Dass das Internet und all seine Möglichkeiten plötzlich an ihre Grenzen geführt werden. Wer hätte sich vor zwei Monaten einen Lockdown als so schwerwiegend vorgestellt.
Noch bis Anfang des letzten Jahres schwelgten alle in der Euphorie, dass die virtuelle die reale Wirklichkeit beinahe völlig ersetzen könne. Selbst Jean Baudrillard, also der, dessen Buch u.a. als Grundlage für Matrix galt, postulierte, dass wir irgendwann in der digitalen Welt vollkommen aufgehen.
Aber plötzlich, wo das, was die meisten für so obsolet gehalten haben, plötzlich real wegfällt, begreifen wir, wie wichtig reale soziale Interaktion wirklich ist. Was bedeutet schon ein Profilbild, wenn man es nie live erleben kann?
Natürlich möchte und kann kaum noch einer auf die kurzen digitalen Wege verzichten oder von Netflix zurück an den konservativen Herd des Fernsehens zurück, aber all das ist doch nichts wert, wenn es sich im Virtuellen verliert.
Es ist ein wenig wie bei dem philosophischen Experiment von Hilary Putnams Gehirn im Tank. Man braucht den realen Abgleich. Wer sagt uns, dass es uns gibt, wenn man uns nicht berühren kann oder wir nicht perzipieren können.
Was ist ein Bild wert, wenn man dazu keinen individuellen Duft im Geist assimiliert? Wie schön können Lippen sein, die man nie wirklich geküsst hat? In einer ausschließlich irrealen Welt weiß man am Ende nicht mehr, was wahr ist und was nicht. Das ganze Konstrukt der wahren und gerechtfertigten Meinung ist überflüssig, wenn die Grenzen der Empirie auf theoretischen Analysen beruhen, die auf keine Wirklichkeit rekurrieren.
Und ja, auch der reale Streit fehlt, zumindest mir. Das Moment des Unverständnisses oder Missverständnisses, das man nicht mit einem Off-Klick beenden kann. Man will sich doch auch dann und wann beweisen, dass die eigenen Argumente wirklich gut sind, ob sie wirklich allen Widerständen standhalten oder ob sie nur Augenwischerei ist, die sich auf die eigene Blase reduzieren.
Ich will endlich wieder mit dem konfrontiert werden, dass kein Algorithmus für mich vorselektiert hat. Ich möchte mein erstes Date nicht unbedingt bei einem Zoommeeting zelebrieren. Nur die echte Nähe lässt einen ohne Umwege spüren, wann aus nah zu eng wird und nur das echte face to face, ganz ohne Maske, lässt mich begründet Lächeln genießen. Ein Lächeln, das kein Emoji ersetzen kann.
Die schönsten Geschenke sind nicht die, die man per Post erhält, sondern die Hände, die es einem persönlich übergeben. Ihre natürliche Wärme, die zarte Zuneigung die sich in sanften kleinen Härchen auf Handrücken drapieren, wenn ihr Besitzer den Glanz in den Augen des Beschenkten genießt.
Und überhaupt, was ist mit (Mannschafts-)Sport? Auf Dauer macht EA sports auch nur fett, und die Kiste Bier im Anschluss ist allein auch ganz schön viel.Schönen Tag allen und bis morgen,
Bild und Text: adolf.muenstermann@gmail.com