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Nawalny fliegt heim - ein mutiger Mann?

Der nach einem Giftanschlag in Deutschland behandelte russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny will in wenigen Tagen nach Russland zurückkehren. Er werde am Sonntag mit einer Maschine der Airline Podeba in Russland landen, erklärte Nawalny am Mittwoch im Online-Dienst Instagram.

In Russland drohen dem Kreml-Kritiker mehrere Prozesse. Auf Nawalny war im August in Sibirien ein Mordanschlag mit einem Nervengift verübt worden. Anschließend wurde er nach Deutschland ausgeflogen und in der Berliner Charité behandelt.

Nach Angaben von Nawalnys Vertrautem Georgy Alburow soll der Kreml-Kritiker am Sonntag um 19.20 Uhr (Ortszeit, 17.20 Uhr MEZ) am Moskauer Flughafen Wnukowo landen. "Etwas sagt mir, dass es am Sonntag voll wird in Wnukowo", twitterte Alburow. 

Die Frage "Rückkehr oder nicht" habe er sich nie gestellt, betonte Nawalny. "Einfach, weil ich nie weggegangen bin." In Deutschland sei er "nur aus einem Grund" gelandet: "Sie wollten mich töten."

Nawalny wirft dem russischen Geheimdienst vor, hinter seiner Vergiftung mit einem Stoff aus der Nowitschok-Gruppe zu stecken. Als Auftraggeber hinter dem Attentat sieht der 44-Jährige den russischen Präsidenten Wladimir Putin persönlich. Die russische Regierung bestreitet jede Beteiligung an dem Anschlag. 

Am Mittwoch wiederholte Nawalny seine Anschuldigungen gegen Putin. "Ich habe überlebt. Und jetzt sagt Putin, der meine Ermordung angeordnet hat, seinen Dienern, dass sie alles tun sollen, damit ich nicht zurückkehre", fuhr Nawalny fort. Nawalny wirft der russischen Regierung vor, seine Heimkehr behindern zu wollen. 

Nawalny hatte am Dienstag im Online-Dienst Twitter Gerichtsunterlagen veröffentlicht, aus denen hervorgeht, dass ihm in Russland eine Haftstrafe drohen könnte. Demnach war am Montag bei einem Moskauer Gericht ein Antrag eingegangen, um eine 2014 gegen Nawalny verhängte Bewährungsstrafe für ungültig zu erklären und in eine Haftstrafe umzuwandeln. 

Die russischen Gefängnisbehörden hatten zuvor argumentiert, dass Nawalny gegen seine Bewährungsauflagen verstoßen habe, weil er sich nach seiner Entlassung aus der Berliner Charité im September weiter in Deutschland aufgehalten hatte.

Nawalny droht außerdem ein Prozess wegen angeblicher Veruntreuung von Spendengeldern in Höhe von vier Millionen Euro. Im Dezember hatten die russischen Ermittlungsbehörden eine Untersuchung zu den Vorwürfen eingeleitet.

Strafermittlungen wegen des Giftanschlags auf Nawalny wurden in Russland bisher nicht eingeleitet. Zur Begründung führen die Behörden einen angeblichen Mangel an Beweisen an. Putin bestritt bei seiner mehrstündigen Jahrespressekonferenz im Dezember erneut jede offizielle Beteiligung an dem Mordanschlag und erklärte, dass die russischen Geheimdienste den Anschlag "bis ans Ende geführt" hätten, hätten sie Nawalny vergiften wollen. 

Nawalny hatte den Giftanschlag im August nur knapp überlebt. Zwei Tage nach seinem Zusammenbruch während eines Inlandsflugs von Tomsk nach Moskau wurde er zur Behandlung nach Berlin gebracht. Laut Laborergebnissen in Deutschland, Frankreich und Schweden, welche die Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OPCW) bestätigte, wurde Nawalny mit einem chemischen Nervenkampfstoff aus der Nowitschok-Gruppe vergiftet. 

Wegen des Anschlags verhängte die Europäische Union Sanktionen gegen mehrere ranghohe russische Vertreter aus dem engsten Umfeld Putins, darunter auch gegen den Chef des Inlandsgeheimdienstes FSB. Russland reagierte darauf seinerseits mit Strafmaßnahmen gegen EU-Vertreter. 

Recherchen der Investigativ-Plattform "Bellingcat", des "Spiegel" und weiteren Medien zufolge wurde Nawalny seit Jahren von russischen Geheimagenten mit Chemiewaffen-Expertise überwacht - auch am Tag des Mordanschlags. Auf der Grundlage von Mobilfunk- und Flugdaten enthüllten die Medien im Dezember das Bewegungsprofil von acht Agenten, die an dem Anschlag beteiligt gewesen sollen. 

Wenige Tage nach den Enthüllungen veröffentlichte Nawalny dann ein Video, das ihn bei einem Anruf eines der enttarnten FSB-Agenten zeigte. Nawalny gab sich dabei als Assistent eines Putin-Beraters aus. Der FSB-Agent räumte den Anschlag ein und berichtete, das Nervengift sei an Nawalnys Unterhose angebracht worden. 

isd/cp


© Agence France-Presse