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Konstantinische Schenkung

Gleich wählt die CDU ihren neuen Parteivorsitzenden, einen Mann, diese Spießer. Aber Paul Zemanek, der Generalsekretär der alten Dame, hat mit einem (bisher) friktionsfreien digitalen Parteitag, zumindest seine eigenen Ambitionen für die Zukunft adäquat präsentieren können.

Nun ist er da, der 16. Januar, vor dem sich insgeheim alle gefürchtet haben. Während die scheidende Kanzlerin 2018 alle noch mit einem Paukenschlag an  die Angela Merkel erinnerte, die alle Fäden in der Hand hat, wartet die amtierende CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer seit einem Jahr auf ihre Ablösung.

Aber am Himmel der Politik dämmert nicht mehr nur das Gespenst Merz, sondern die Sonne geht in diesen Tagen für die CDU im Süden auf: Markus Söder. Parteivorsitzender der CSU, Kreuzritter  im Kampf um das Heilige Land Volkspartei.

Nein, Söder ist nicht so ungeschickt wie Seehofer und lässt die amtierende Parteivorsitzende wie ein Schulmädchen antreten und auf den Gnadenspruch vom Parteivorsitzenden der Konservativen Bayern antreten. Der zukünftige Kanzlerkandidat lässt die CDU in der Traumblase, dass Laschet, Röttgen oder Merz nicht nur Parteivorsitzender sondern auch Kanzlerkandidat wird.

Corona wird zur Flut des zukünftigen Machers, der heute noch mit bayerischem Logo auf der FFP-2 Maske digital die Massen begrüßt, aber selbst wohl lieber „schwarz, rot, gold“ darauf abgebildet sähe.

Angela Merkel hat in ihrer Begrüßungsrede bereits angekündigt, dass sie, wieder einmal, für das Außenseiterduo, also Laschet/Spahn votieren würde. Man ist geneigt, sie als naiv abzustempeln, aber die Geschichte lehrt einen, Frau Merkel nie zu unterschätzen, allerdings ist von der vormals einflussreichsten Frau der Welt nicht mehr viel übrig.

Seit 2018 befindet sich Mutti auf Abschiedstour. Wie eine weit entfernte Tante, die allweihnachtlich die über den Globus verteilte Familie mit Besuchen „überrascht“, winkt Merkel in die Kameras der Weltpresse und suggeriert, dass alles nur so schlimm ist, weil man nicht auf sie gehört hat; und ganz falsch ist das ja auch nicht.

Immer wieder hat Merkel vor den Auswirkungen der Ausweitung von Covid-19 gewarnt und mit drakonischen Maßnahmen versucht, zu beeindrucken. Alles vergebens. Zu spät kam der Lockdown, allein schuld will keiner gewesen sein. Natürlich hätte man in der Bekämpfung bzw. in der Handhabung solcherlei Krisen nach einem Sommer voller Möglichkeiten weiter sein können, aber das ist nicht ihr anzulasten.

Mutti war für das Volk wirklich immer die Mutti, die mit fürsorglichen Tränen tröstet, wo sich der Freund bereits getrennt hat und mit einem Griff in die Geldbörse die Enkel vor der Katastrophe geschützt. Seit 2005 ist die Frau aus Mecklenburg-Vorpommern zur Weltpolitikerin gereift, die an Krisen wachsen musste, an denen andere wohl zerbrochen wären und sind.

Sie selbst sprach in ihrer Ansprache vom Beginn mit einem Nokia Telefon, der Finanzkrise und anderen Katastrophen, deren Auswirkungen wohl nicht nur Deutschland beinahe so weitreichend verändert haben wie die Folgen des 2. Weltkrieges. Und nun steht sie vor der Aufgabe, den von ihr heimlich ungeliebten Schwiegersohn aus Bayern zu akzeptieren, der doch so gar nicht in ihr Bild von einer rosigen Zukunft der seinen passt. Aber auch ihr wird wohl lieber der Lobbyist von Blackrock sein, als der Medienstar aus Niederbayern. Wenigstens als Kanzler muss er verhindert werden.

Allein die Grünen, der zukünftige Wunschkoalitionspartner der CDU, hat sich schon mit dem Gedanken angefreundet, auch wenn ihnen lieber wäre, dass Harbeck oder Baebock schlussendlich die Richtlinienkompetenz innehaben.

Heute, in einem virtuellen Parteitag, der Dank des von Kramp-Karrenbauer versöhnlich installierten jungen Generalsekretärs mit Migrationshintergrund  Paul Zemanek bisher keine nennenswerten digitale Patzer wie bei anderen Parteien hervorrief, wird ein neuer König ohne Reich gekrönt. Heute wird aus der von Helmut Kohl formierten Volkspartei seit langem mal wieder der konservative Riese, der er einst war, auch wenn „Riese“, wie zum Ende des römischen Reichs auf ein Territorium blickt, das mehr dem konstantinischen (Ost-römischen), denn dem Reiche Cäsars nahekommt. Und dann betrachtet man es immer noch wohlwollend.

Laschet wird wohl nicht zum offiziellen Brutus, dafür hat er Merkel zu sehr protegiert und zu wenig attackiert. Das wäre weder Wandel noch Fortschritt. Röttgen hat wohl viele mit Äußerungen überrascht, dass der CDU- Vorsitz die Kanzlerschaft nicht konkomitant mit einschließe, damit sammelte er (u.a.) viele Sympathiepunkte. Aber Selbstbewusstsein sieht anders aus.

Mich würde nicht wundern, wenn Friedrich Merz seinen vollmundig angekündigten aber insgeheim wohl verabscheuten Alptraum CDU- Vorsitz ohne Kanzlerschaft erringen würde. Dass er sich einem Kanzler Söder „unterwerfen“ muss und lange vier Jahre auf seine nächste Chance lauern wird, gleicht bestimmt einem sokratischen Urteil. Ausgerechnet er wird zum Heiligen Vater, der den ersten bayerischen Regierungschef zum Vater der Nation und seines Glückes Schmied krönen muss. Darauf erst mal einen Schirlingsbecher.

Aber vielleicht bekommen wir wirklich am Ende immer das, was wir verdienen und vielleicht sogar, was wir brauchen. Söder ist (hoffentlich) kein Trump und Merz, (k)ein Pence, weshalb die Angst vieler vielleicht unbegründet ist.

Meine Hoffnung bleibt, dass die Grünen ggfs. das schaffen, was den Konservativen während der Weimarer Republik mit Hitler nicht gelang, ihn zu kontrollieren, indem man ihn und seine Taten in den Hotspot des Interesses stellt.

Aber bitte mit Annalena Baerbock als Sparringspartner. Einen Barack Obama in Gestalt eines Deichpoeten braucht keiner. Wenn sie gar Kanzlerin würde, wäre mir auch der Söder wieder wurscht und März könnte hinter seinem schwarzen Stein weiter seine Steuererklärung auf einem Bierdeckel machen. Worum ich  ihn durchaus beneide.

Aber bitte am Ende keine ungewollte konstantinische Schenkung mit einem Kanzler Söder.


Bild: Pixabay

Text: adolf.muenstermann@gmail.com


P.S. Diesmal wären die Stones vermutlich einverstanden, wenn man auf einem CDU Parteitag "Angie" spielen würde. Auch das hätte sich 2005 wohl noch keiner vorstellen können.