Schon Stunden vor der erwarteten Rückkehr des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny nach Russland am Sonntagabend hat sich die Polizei am Moskauer Flughafen Wnukowo postiert. Auf Videos in den Online-Netzwerken waren vor dem Flughafen parkende Polizeifahrzeuge zu sehen. Die Behörden warnten davor, an einer nicht genehmigten "öffentlichen Veranstaltung" am Flughafen teilzunehmen. Journalisten wurde der Zugang verwehrt. Zur Begründung verwies die Flughafenverwaltung auf die Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie.
Fünf Monate nach dem auf ihn verübten Giftanschlag will Nawalny am Sonntagnachmittag von Deutschland aus zurück in seine Heimat fliegen. Die Maschine der russischen Fluglinie Podeba soll um 19.20 Uhr Ortszeit (17.20 Uhr MEZ) in Wnukowo zu landen.
Dort droht Nawalny laut der russischen Strafverfolgungsbehörde die sofortige Festnahme. der 44-Jährige habe wiederholt gegen die Auflagen einer fünfjährigen Bewährungsstrafe verstoßen und stehe auf einer Fahndungsliste, erklärte die Behörde.
Nawalny hat seine Unterstützer dazu aufgerufen, ihn am Flughafen "abzuholen". Mehr als 2000 Menschen kündigten im Online-Netzwerk Facebook an, trotz klirrender Kälte bei Temperaturen von minus 20 Grad zu kommen. Auch mehrere Oppositionsaktivisten aus St. Petersburg wollten nach Moskau reisen. Sie wurden nach eigenen Angaben aber am Bahnhof und am Flughafen der zweitgrößten russischen Stadt von der Polizei aufgehalten.
Auch einige Gegner Nawalnys wollen kommen. Eine nationalistische Gruppe kündigte an, Nawalny mit Seljonka, einer in Russland als Antiseptikum verwendeten grünen Flüssigkeit, zu empfangen. Auf Nawalny war bereits in der Vergangenheit ein Anschlag mit Seljonka verübt worden.
Im August war auf den 44-Jährigen ein Mordanschlag mit einem Nervengift verübt worden. Er wurde nach Deutschland ausgeflogen und in der Berliner Charité behandelt. Am Samstag bedankte sich Nawalny bei Ärzten, Polizisten, Politikern und anderen Menschen, die er während seines fünfmonatigen Aufenthalts in Deutschland getroffen hat. "Danke Freunde!", schrieb er auf Deutsch im Online-Netzwerk Instagram.
Nawalny wirft dem russischen Geheimdienst vor, hinter seiner Vergiftung mit einem chemischen Kampfstoff aus der Nowitschok-Gruppe zu stecken. Die russische Regierung bestreitet jede Beteiligung an dem Anschlag.
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Anastasia CLARK / © Agence France-Presse