Münster (pbm/acl). Es ist eine Geschichte vom Wegsehen und sträflichen Nichtstun der französischen katholischen Kirche in Sachen Missbrauch. Es ist aber auch ein Plädoyer für Mut und Solidarität. „Gelobt sei Gott“ (Grâce à Dieu) lautet der Titel des französischen Films von Regisseur François Ozon, der ab Donnertag, 26. September, in den deutschen Kinos zu sehen ist. Die Vorpremiere am 12. September, zu der die katholische Akademie Franz-Hitze-Haus ins „Cinema Münster“ eingeladen hatte, stieß auf großes Interesse. Viele wollten den Film sehen, der im Februar bei der Berlinale mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet wurde und im März beim Kirchlichen Filmfestival in Recklinghausen zu sehen war.
„Gelobt sei Gott“ greift den jahrelangen sexuellen Missbrauch im Erzbistum Lyon auf. Der dortige Erzbischof, Philippe Barbarin, wurde im März zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil er Übergriffe des Priesters Bernard Preynat nicht angezeigt hatte. Der Film erzählt die Geschichte der Opfer Preynats, angefangen mit Alexandre. Längst selbst Familienvater, entdeckt er, dass der Mann, der ihm einst das Leben zur Hölle machte, immer noch mit jungen Menschen arbeitet. Entschlossen macht er sich auf die Suche nach anderen Leidtragenden. So findet er François und Emmanuel. Gemeinsam gründen sie eine Selbsthilfe-Organisation.
„Für uns war von Anfang an klar, dass wir diesen Film in unser Programm aufnehmen müssen“, berichtete Michael Kleinschmidt, Organisator des Kirchlichen Filmfestivals in Recklinghausen, beim anschließenden Filmgespräch, das von Beate Meintrup, Präventionsfachkraft des Bistums, moderiert wurde. Unbequem, aber hochaktuell sei die Filmidee. „Wir haben hier eine filmische Anklage vorliegen“, verdeutlichte Kleinschmidt. Der Regisseur jedoch wolle mit „Gelobt sei Gott“ nicht gegen die Kirche wettern, sondern etwas für die Kirche tun. „François Ozon liegt das Thema am Herzen, die Kirche darf darüber nicht einschlafen“, betonte Kleinschmidt. Indem die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der Kirche auch in der Bildungsarbeit vorkomme, werde „der Scheinwerfer draufgehalten“.
Eine besondere Nähe zum Inhalt des Films hatte Martin Schmitz aus Rhede, selbst Missbrauchsopfer eines Geistlichen. Der Film erzähle die Geschichte von drei Betroffenen, ihres eigenen Umgangs mit dem Erlebten und dem des Umfeldes. „Es gibt eine viel größere Bandbreite“, war es Schmitz wichtig zu betonen. „Jeder geht anders damit um, jeder sucht seinen eigenen Weg.“ Realistisch werde im Film der formale und emotionale Aufwand gezeigt, den Opfer betreiben müssten, um sich zu organisieren. „Erst einmal muss man den Mut finden, zu reden. Und danach gegen viele Widerstände ankämpfen.“ Das hat er auch im Bistum Münster erlebt. „Ich bin noch nicht überzeugt davon, dass das Bistum wirklich aktiv daran arbeitet, alle Fälle aufzudecken.“ Der Interventionsbeauftragte Peter Frings sei allerdings erst seit fünf Monaten im Amt. „Etwas Zeit müssen wir ihm geben.“
Schmitz hat in Rhede eine Selbsthilfegruppe für Missbrauchsopfer durch Priester gegründet. Die Erfahrungen, die die Protagonisten im Film gemacht hätten, könne er bestätigen: „Wenn man sich als Gruppe zusammenschließt, wird so viel Energie freigesetzt, dass man diese Zeit der Aufarbeitung durchstehen kann.“ Dem konnte auch Christine Gelbhardt vom Verein „Zartbitter“ in Münster, einer Beratungsstelle gegen sexualisierte Gewalt, zustimmen: „Das Gefühl, nicht allein zu sein, ist ganz entscheidend.“
Bildunterschrift: Martin Schmitz, Christine Gelbhardt, Beate Meintrup und Michael Kleinschmidt (von links) sprachen im Anschluss an die Vorpremiere über den Film „Gelobt sei Gott“.
Foto: Bischöfliche Pressestelle/Ann-Christin Ladermann