Am 30. Jahrestag des Mauerfalls hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Deutschen aufgerufen, ihre selbst errichteten Mauern einzureißen. In den vergangenen Jahren seien quer durchs Land neue Mauern entstanden: "Mauern aus Frust, Mauern aus Wut und Hass. Mauern der Sprachlosigkeit und der Entfremdung", sagte der Bundespräsident am Samstagabend vor dem Brandenburger Tor in Berlin. "Reißen wir diese Mauern endlich ein!" Zehntausende Menschen applaudierten.
Für den Zusammenhalt könne jeder und jede im Land etwas tun, appellierte der Bundespräsident. Er wünsche sich, "dass wir etwas von dem Mut, der Zuversicht und dem Selbstbewusstsein jener Tage des Mauerfalls in unsere Zeit heute holen". Zur Bühnenshow mit Schauspieldarbietungen, Licht-Installationen und zahlreichen Musikern und Bands waren zehntausende Besucher zum Brandenburger Tor gekommen.
Der Bundespräsident würdigte in seiner Rede auch den Beitrag der Menschen in Polen, Ungarn, Tschechien und der Slowakei zum Mauerfall. Ihr Mut habe die Teilung Europas beendet.
Er dankte dem damaligen sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow, der eine Politik der Entspannung eingeleitet habe, und dem ehemaligen US-Präsidenten Ronald Reagan als Vertreter des "starken Arms aus dem Westen". Dieses "Amerika als Partner in gegenseitigem Respekt" und "gegen nationalen Egoismus" wünsche er sich auch in Zukunft, sagte Steinmeier an die Adresse von US-Präsident Donald Trump gewandt. Hier erntete der Bundespräsident viel Applaus.
Trump würdige Deutschland in Washington als einen der "wertvollsten Verbündeten" seines Landes. Die USA würden auch künftig mit der Bundesrepublik zusammenarbeiten, um die "Flammen der Freiheit" als "Leuchtturm der Hoffnung und Chancen für die ganze Welt" zu erhalten, erklärte der US-Präsident.
Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron schrieb in einer auf Deutsch verfassten Twitter-Botschaft, die Mauer sei "durch den Mut tausender nach Freiheit strebender Menschen zu Fall gebracht" worden. Sie hätten den Weg zur Wiedervereinigung Deutschlands und zur Einheit Europas freigemacht.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach bereits am Mittag in der Kapelle der Versöhnung auf dem früheren Todesstreifen an der Bernauer Straße. Auch sie rief die Deutschen dazu auf, sich für Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einzusetzen. Diese Werte seien alles andere als selbstverständlich". Sie müssten "immer wieder neu gelebt und verteidigt" werden.
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