Das rassistische Attentat des 19. Februar 2020 hat Hanau nachhaltig geprägt. "Das Schicksal der neun Menschen, die dem Anschlag zum Opfer gefallen sind, wird auf alle Zeiten im kollektiven Gedächtnis der Stadtgesellschaft verankert bleiben", sieht Oberbürgermeister Claus Kaminsky es als Herausforderung für alle, mit der Erinnerung an diesen dunkelsten Tag in der Geschichte Hanaus in Friedenszeiten weiterzuleben. "Der 19. Februar wird als Gedenktag uns und die Stadtgesellschaft fortan immer daran erinnern, dass die Hanauerinnen und Hanauer für ein friedliches Miteinander zusammenstehen," ordnet der OB die Bedeutung dieses Tages ein und unterstreicht damit gleichzeitig, warum es auch in Zeiten der Corona-Pandemie "richtig und wichtig ist, mit einer Gedenkfeier den ersten Jahrestag zu begehen". Die Angehörigen der neun Opfer haben nach seinen Worten einen Anspruch darauf, die Solidarität der Stadtgesellschaft zu erleben und zu spüren.
Dabei prägt die Pandemie die Rahmung des Gedenktages in diesem Jahr. "Die strengen Corona-Auflagen unterbinden manches, was denkbar und wünschenswert gewesen wäre", stellt Kaminsky klar, dass selbstverständlich alle Regeln zu Hygiene, Abstand und Maskenpflicht eingehalten werden. "Zur Gedenkfeier sind insgesamt 50 geladene Gäste im großen Brüder-Grimm-Saal des CPH, die wie jeder andere, der an diesem Tag das Gebäude betritt, einen negativen Corona-Test vorweisen müssen."
"Auch die diversen Kundgebungen und Aktionen sind an die geltenden Corona-Auflagen gebunden", macht der OB deutlich, dass das Recht, auf die Straße zu gehen und für seine Meinung einzustehen, von der Pandemie nicht grundsätzlich eingeschränkt wird. Die Organisatoren seien in den vorangegangenen Kooperationsgesprächen mit Nachdruck darauf hingewiesen worden, dass sie als Verantwortliche für die Einhaltung der Corona-Regeln sorgen müssten. Jede Veranstaltung sei im Detail hinterfragt worden, um eventuelle Infektionswege auszuschließen. Dabei erinnert der OB daran, dass bei der Stadt auch schon in den letzten Wochen regelmäßig immer wieder Kundgebungen und Demonstrationen in der Innenstadt zu unterschiedlichen Themen angemeldet wurden, die unter Auflagen stattfinden durften.
Dass die Stadt dennoch immer sehr genau abwägt, hat sich zuletzt im August 2020 gezeigt, als eine Großdemonstration in Hanau angemeldet war. Steigende Infektionszahlen und Inzidenzen haben die Stadt dann bewogen, in Absprache mit dem Organisator die ursprünglich geplante Veranstaltung abzusagen und sich auf eine Kundgebung mit 249 Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu beschränken. "Das war eine bittere Entscheidung, aber es dokumentiert unseren verantwortungsvollen Umgang mit der Situation."
Die jetzt lautgewordene Kritik an den Gedenkveranstaltungen und –aktionen sieht der OB allerdings weniger als ein Zeichen mangelnder Empathie für die Angehörigen der Opfer, sondern vielmehr als eine grundsätzliche Unzufriedenheit mit der schwierigen Situation. "Ich bitte die Menschen in dieser Stadt deshalb eindringlich darum, ihrem Unmut über fehlende Perspektiven und Ärger über anhaltende Corona-Auflagen nicht an dieser Stelle Ausdruck zu verleihen."