Münster (SMS) - Die wissenschaftliche Aufarbeitung des Falls durch das Institut für soziale Arbeit unter Federführung von Prof. Dr. Christian Schrapper zieht das Fazit: „Mit dem Wissen von heute hätte man die Opfer besser schützen können. Aber dieses Wissen lag damals nicht vor. Gravierende fachliche Versäumnisse sind in der Arbeit des Jugendamtes der Stadt Münster nicht zu erkennen.“
Das Amt für Kinder, Jugendliche und Familien hatte, auch aufgrund des Ratsbeschlusses vom 24. Juni 2020 „Missbrauchsfall unter die Lupe nehmen und Lehren daraus ziehen“ die wissenschaftliche Aufarbeitung des Falls in Auftrag gegeben. Ziel dieser Aufarbeitung sollte vor allem sein, aus dem damaligen Handeln des Kommunalen Sozialdienstes Ansatzpunkte zu identifizieren, über die das Vorgehen in Kinderschutzfällen weiter qualifiziert werden kann. Die Ergebnisse hatte Prof. Dr. Schrapper in der letzten Sitzung des Ausschusses für Kinder, Jugendliche und Familien vorgestellt.
Im Wesentlichen ergab die Fallanalyse, dass mit dem heutigen Wissen und den heutigen Standards in der Bearbeitung von Verdachtsfällen sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche Verbesserungspotenziale in strukturellen wie auch in fachlich-inhaltlichen Veränderungen liegen.
Fortbildungen zum Thema sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche werden fortlaufend für KSD-Mitarbeitende eingeplant, etwa um spezielle Dynamiken in Täter-Opfer-Konstellationen zu verstehen und mögliche Interventionsformen zu diskutieren.
Ebenso sollen nachhaltige Verfahren zur Verbesserung in der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in einem partizipativen Prozess mit allen Mitarbeitenden des Kommunalen Sozialdienstes erarbeitet werden.
Bereits seit einigen Jahren existiert ein Qualitätszirkel Kinderschutz, in dem unter Beteiligung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, der spezialisierten Fachdienste, des Fachcontrollings und der Leitung des Kommunalen Sozialdienstes, das Kinderschutzkonzept den sich gesellschaftlich und gesetzlich verändernden Rahmenbedingungen kontinuierlich angepasst und optimiert werden soll. Hier wird es vor allem darum gehen, den in der wissenschaftlichen Fallaufarbeitung angesprochenen Raum für Irritationen und Zweifel zu schaffen. Dieser Prozess soll weiterhin extern durch Prof. Dr. Schrapper beraten und begleitet werden.
Wichtig sei auch eine abgestimmte Kooperation von Justiz, Polizei, Gesundheitswesen, Schule sowie öffentlichen und freien Trägern der Jugendhilfe, um die Chancen zu erhöhen, kriminellen Netzwerken auf die Spur zu kommen.
Mit Beteiligung des Landesjugendamtes findet Anfang März ein erstes Planungstreffen zur Konstituierung eines runden Tisches gegen sexuelle Gewalt statt.
Alle bereits geplanten wie auch empfohlenen Ergänzungen und Verbesserungen der Abläufe im Amt für Kinder, Jugendliche und Familien bauen auf gut ausgebildete und eingearbeitete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auch im Kinderschutz macht sich jedoch der Fachkräftemangel deutlich bemerkbar. Erhebliche personelle Fluktuationen verbunden mit zunehmenden Anfragen zur Fachberatung im Bereich des KSD stellt den Kommunalen Sozialdienst, nicht nur in Münster, vor erhebliche Herausforderungen. „Es wird zukünftig eine der Hauptaufgaben bleiben, erfahrenes Personal im Kinderschutz-Bereich zu binden und neue Fachkräfte gut einzuarbeiten und weiterzubilden“, so Sabine Trockel, Leiterin des Amtes für Kinder, Jugendliche und Familien.
Stadt Münster
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