Licht- und Schallwellen bilden das Rückgrat der modernen
Kommunikationstechnologie. Während Licht Daten über Glasfasern über
lange Strecken überträgt, finden Schallwellen-Chips bei der drahtlosen
Kommunikation zwischen Routern, Tablets oder Smartphones Verwendung.
Diese beiden Schlüsseltechnologien gilt es für die jetzt angebrochene
Ära der Quantenkommunikation mit Lichtquanten fit zu machen. Hier
spielen sogenannte hybride Quantentechnologien eine zentrale Rolle.
Hybride Quantentechnologien nutzen Licht und Schallwellen
Diese verbinden verschiedenartige Quantensysteme miteinander, um die
unterschiedlichen Stärken gezielt zu nutzen und gleichzeitig die
einzelnen Schwächen zu umgehen. „Auf diesem Feld sind Schwingungen des
Kristallgitters besonders vielversprechend,“ erläutert Professor Hubert
Krenner, der die Studie an der Universität Augsburg leitet und ergänzt:
„Phononen, wie wir Physiker diese Schwingungen nennen, verzerren jedes
im Kristall eingebettete Objekt und verändern so seine physikalischen
Eigenschaften.“
In ihrer Studie verwenden die Forscher akustische Oberflächenwellen, um
ein einzelnes künstliches Atom, einen sogenannten Quantenpunkt, in
Schwingung zu versetzen und so die Farbe des Lichts, das dieser
abstrahlt, zu ändern. Dr. Daniel Wigger, der an der Westfälischen
Wilhelms-Universität Münster und der Technischen Universität Breslau
(Politechnika Wrocławska) die Kopplung von Quantenpunkten und Phononen
erforscht, ist begeistert: „In unseren Simulationen konnten wir die in
Augsburg gemessenen Spektren nahezu perfekt nachbilden, indem wir die
Nanoschallwelle wie einen Phononen-Laser in unser Modell eingebaut
haben.“
Die vorgestellten Forschungsergebnisse sind ein Meilenstein für die
Entwicklung hybrider Quantentechnologien, weil der Quantenpunkt einzelne
Lichtquanten, sogenannte Photonen abstrahlt, die durch die Schallwelle
exakt getaktet sind. Dr. Matthias Weiß, der am Augsburger Physikinstitut
im Sommer seine Promotion abgeschlossen hat, fügt hinzu: „Besonders
spannend ist, dass die Spektrallinien der an der TU München
hergestellten Quantenpunkte so extrem scharf sind. Dadurch konnte ich
beobachten, wie sich diese um die Winzigkeit der Energie eines einzelnen
Phonons verschiebt.“
Winzigkeit von Energie wird sichtbar
Das Forscherteam konnte aber noch einen entscheidenden Schritt
weitergehen. Die Wissenschaftler verwendeten eine zweite Schallwelle mit
einer anderen Frequenz. Im Spektrum des Quantenpunkts zeigten sich nun
neue Spektrallinien, die der Summe oder Differenz der Frequenzen der
beiden Schallwellen entsprachen. Professor Hubert Krenner: „Dieses
Wellenmischen kennt man in der Optik seit Jahrzehnten und es wird zum
Beispiel in Laserpointern verwendet, um grünes Licht zu erzeugen. Unsere
Laser sind Nanoschallwellen, die wir mit Lichtquanten mischen.“
Die Präzision dieses Phänomens ist atemberaubend. „Als ich die Frequenz
einer der beiden Schallwellen um die Winzigkeit von weniger als einem
billionstel Teil veränderte, beobachtete ich, wie das Spektrum über die
Dauer eines Tages exakt wie vorhergesagt schwingt,“ berichtet Matthias
Weiß. Der Quantenpunkt selbst stellt ein sogenanntes Qubit dar, die
Grundeinheit bei der Quanteninformationsverarbeitung. Daniel Wigger fügt
hinzu: „Es war vollkommen ausreichend, den Quantenpunkt als Qubit in
unser Modell einzubauen, das von der Schallwelle in Schwingung versetzt
wird. Sonst mussten wir keine Annahmen machen.“ Die hervorragende
Übereinstimmung zwischen den Berechnungen und den experimentellen
Resultaten zeigt nach Ansicht der Forscher, dass ihr Modell bereits alle
wesentlichen Eigenschaften richtig beschreibt. Somit sollte es auch
direkt auf andere Qubits anwendbar sein.
Erfolg basiert auf jahrelanger gemeinsamer Spitzenforschung
In ihrer Spitzenforschung konnten die Arbeitsgruppen in Deutschland und
Polen auf jahrelange Erfahrung bauen. Professor Tilman Kuhn und
Professor Paweł Machnikowski haben an der Universität Münster und der
Politechnika Wrocławska Pionierarbeiten in der theoretischen
Beschreibung der Kopplung von Quantenpunkten und Phononen geleistet, die
Hubert Krenner mit Nanoschallwellen im Experiment untersucht. „In
diesem Projekt“, so Paweł Machnikowski, „haben wir sehr von der
einzigartigen Verknüpfung von Theorie und Experiment und unserem
gemeinsamen, reichen Erfahrungsschatz profitiert.“ Auch der münstersche
Professor Tilmann Kuhn freut sich: „Bis jetzt wurden Phononen bei der
Kontrolle von Quantenzuständen leider oft nur als lästiges Übel
betrachtet und es wurde versucht, ihren Einfluss weitestgehend zu
unterdrücken. In dieser Arbeit konnten Phononen nun ganz gezielt benutzt
werden, um Quantenzustände zu kontrollieren.“
Die nun in Optica erschienene Arbeit ist aber nur der erste Schritt hin zu phononischen Quantentechnologien. Matthias Weiß hat auch schon die nächsten Experimente durchgeführt, deren Ergebnisse Daniel Wigger zurzeit in Polen mit der Theorie in Einklang bringt.
WWU Münster (upm/Uni Augsburg)
Foto: Universität Augsburg - Matthias Weiß. Das Licht eines Lasers (grün) wird durch ein künstliches Atom mit der Schallwelle gemischt. So wird die Farbe der abgestrahlten Lichtquanten (rot und blau) mit höchster Präzision verändert.