Münster (lwl).
Der Landschaftsverband Westfalen Lippe (LWL) erhöht seinen Anteil an
der Stiftung Anerkennung und Hilfe um knapp 425.000 Euro auf über zwei
Millionen Euro. Das hat der LWL-Landschaftsausschuss am Freitag (19.4.)
in Münster beschlossen. Weil die Anlauf- und Beratungsstellen in der
Corona-Pandemie nur eingeschränkt arbeiten konnten, haben die Errichter
der Stiftung außerdem die Antragsfrist verlängert: Betroffene aus
Westfalen-Lippe, die als Kinder und Jugendliche in Heimen der
Behindertenhilfe oder der Kinder- und Jugendpsychiatrie Leid und Unrecht
erfahren haben, können sich jetzt noch bis zum 30. Juni bei der Anlauf-
und Beratungsstelle des LWL melden und Leistungen erhalten.
Da sich abzeichnet, dass sich mehr Betroffene melden als ursprünglich
erwartet, haben Bund, Länder und Kirchen ihren Anteil an der Stiftung
erhöht. So stieg der Anteil des Landes NRW um 25,8 Prozent auf rund 17,2
Mio. Euro, von denen der LWL über zwei Millionen Euro übernimmt. "Die
Landschaftsverbände waren in der fraglichen Zeit bedeutender Träger von
Einrichtungen der Kinder- und Jugendpsychiatrie und ab 1963
aufsichtsführende Stelle über Einrichtungen der Behindertenhilfe, in
denen Minderjährige untergebracht waren", sagte LWL-Direktor Matthias
Löb. "Deshalb erhöhen wir im Interesse der betroffenen Menschen auch
unseren finanziellen Beitrag. Außerdem übernehmen wir Verantwortung,
indem wir die Arbeit der Anlauf- und Beratungsstelle verlängern und es
so weiteren Betroffenen ermöglichen, eine Anerkennungs- und
Unterstützungsleistung zu bekommen."
Bis zum 31. Dezember 2020 haben sich insgesamt 3.109 Betroffene an die
Fachberater:innen der LWL-Anlauf- und Beratungsstelle für
Westfalen-Lippe gewandt. 2.635 Fälle hat die LWL-Anlauf- und
Beratungsstelle abschließend bearbeitet und insgesamt 25 Mio. Euro
ausgezahlt. "Es geht hier aber nicht nur um Geld: Die LWL-Anlauf- und
Beratungsstelle in Münster bietet Betroffenen einen geschützten Raum für
Gespräche über die damaligen Erlebnisse und Erfahrungen sowie die
Auswirkungen auf das heutige Leben an. Die Gespräche werden vertraulich
behandelt", sagte LWL-Jugend- und Schuldezernentin Birgit Westers.
Eine wichtige Aufgabe der LWL-Experten ist es, die Betroffenen bei der
Gewährung von finanziellen Leistungen aus der Stiftung "Anerkennung und
Hilfe" zu unterstützen. Als Anerkennungs- und Unterstützungsleistung
können Betroffene pauschal maximal 9.000 Euro erhalten. Zudem können sie
einen Ausgleich für entgangene Rentenansprüche bekommen, wenn für
geleistete Arbeit ab dem 14. Lebensjahr keine
Sozialversicherungsbeiträge gezahlt worden sind. Wer bis zu zwei Jahren
sozialversicherungspflichtig in den Einrichtungen gearbeitet hat, kann
maximal 3.000 Euro erhalten, wer länger gearbeitet hat, kann maximal
5.000 Euro bekommen.
Betroffene, die heute in Westfalen-Lippe leben, können sich noch bis zum
30. Juni 2021 an die Anlauf- und Beratungsstelle beim LWL in Münster
wenden: Tel. 0251 591 4290.
Hintergrund
Anfang 2017 haben Bund, Länder und Kirchen die Stiftung "Anerkennung und
Hilfe" gegründet. Ziel der Stiftung ist es, Leid und Unrecht
anzuerkennen, das betroffene Menschen als Kinder und Jugendliche in der
Zeit von 1949 bis 1975 in der Bundesrepublik Deutschland oder von 1949
bis 1990 in der DDR in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe
oder der Kinder- und Jugendpsychiatrie erfahren haben. Zudem unterstützt
die Stiftung die Betroffenen dabei, die heute noch vorhandenen Folgen
des erlittenen Unrechts zu bewältigen oder zu vermindern. Zu diesem
Zweck sind seit Anfang des Jahres 2017 im ganzen Bundesgebiet Regionale
Anlauf- und Beratungsstellen errichtet worden, die den Betroffenen vor
Ort weiterhelfen. Für das Land NRW nehmen diese Aufgabe die
Anlaufstellen beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) in Münster
für Westfalen-Lippe und beim Landschaftsverband Rheinland (LVR) in Köln
für das Rheinland wahr.
Weitere Informationen über die LWL- Anlauf- und Beratungsstelle, die Stiftung und die Leistungen unter http://www.rabs.lwl.org und http://www.stiftung-anerkennung-hilfe.de.
Foto: LWL-Direktor Matthias Löb
Foto: LWL/Martin Steffen