Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte die Gasumlage in der vergangenen Woche bei der Vorstellung des Rettungspakets für den angeschlagenen Energiekonzern Uniper angekündigt: Unternehmen, die Gas aus Russland importieren, sollen Zusatzkosten durch die Beschaffung von Gas aus anderen Quellen weitergeben können. Dies sei nötig, "um die Gasversorgung auch im kommenden Winter aufrecht zu erhalten", hieß es am Donnerstag aus dem Wirtschaftsministerium.
Gasimporteure mit Langfristlieferverträgen mit Russland, die von russischer Seite nicht mehr erfüllt werden, erhalten laut Verordnungsentwurf eine finanzielle Erstattung der Mehrkosten. Die Erstattung wird durch einen von den Gaskunden, in der Regel den Stadtwerken, zu entrichtenden Aufpreis pro Kilowattstunde finanziert. Die Stadtwerke wiederum geben den Aufpreis an die Verbraucher weiter.
Habeck sagte, es dürfe sich um 1,5 bis fünf Cent pro Kilowattstunde handeln, bei einem Durchschnittsverbrauch von 20.000 Kilowattstunden im Jahr bedeute dies Zusatzkosten im "mittleren Hundert-Euro-Bereich". Es würden "sicher einige hundert Euro pro Haushalt".
Scholz war von potenziellen Mehrkosten für eine vierköpfige Familie von 200 bis 300 Euro pro Jahr ausgegangen. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, erwartet eine "Verdreifachung der Heizkosten bei Gas". Dennoch sei die Weitergabe der wirklichen Kosten an alle Kunden "richtig und notwendig", sagte er der Düsseldorfer "Rheinischen Post".
Auch der FDP-Bundestagsfraktionschef Christian Dürr verteidigte die Maßnahme, die für ein zunächst für ein Jahr befristet ist: "Viele Menschen fürchten sich vor einem kalten Winter. Mit dieser Umlage verhindern wir ein Zusammenbrechen des Gasmarktes", sagte er der "Rheinischen Post".
Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Yasmin Fahimi, mahnte schnelle Entlastungen an. Es sei richtig, krisenbedingte Mehrkosten auf alle umzulegen, aber "wenn jetzt nicht stärker gegengesteuert wird, sind Existenzen bedroht und der soziale Zusammenhalt gefährdet", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Scharfe Kritik kam von den Linken. Ihr Bundestagsfraktionsvorsitzender, Dietmar Bartsch, nannte die Gasumlage "inakzeptabel". "Die notwendige Rettung von Uniper wird durch die Entscheidungen der Bundesregierung wesentlich auf die Verbraucher abgewälzt", bemängelte er. Zugleich seien eventuelle Hilfen und Entlastungen vage und frühestens für Januar angekündigt.
Habeck versicherte am Donnerstag, die Verbraucherinnen und Verbraucher würden "gezielt" entlastet werden. Der Staat könne nicht alle Kosten tragen, aber Menschen, die durch die hohen Energiepreise "möglich in Armut geführt werden, die müssen geschützt werden", sagte er. Die Arbeit daran laufe "mit Hochdruck". Der Minister kündigte an, soziale Ausgleichsmaßnahmen würden "zeitgleich, wenigstens wirkungsgleich einsetzen".
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