In Frankreich haben am Samstag erneut Proteste gegen die geplante Rentenreform stattgefunden. Die Polizei teilte mit, sie rechne bei den landesweiten Kundgebungen gegen das zentrale Reformvorhaben von Staatschef Emmanuel Macron mit insgesamt bis zu einer Million Teilnehmern. Marylise Leon von der Gewerkschaft CFDT sprach im Radiosender Franceinfo vom "Endspiel" im Kampf gegen die Rentenreform. CFDT-Chef Laurent Berger forderte, Frankreichs politische Führung müsse "aufhören, diese soziale Bewegung zu leugnen".
Die Proteste richten sich gegen die derzeit im Senat debattierte Rentenreform, die eine Anhebung des Rentenalters von 62 auf 64 Jahre vorsieht. Am Dienstag, dem bislang letzten großen Protesttag, waren nach offiziellen Angaben landesweit 1,28 Millionen Menschen gegen die Pläne auf die Straße gegangen. Außerdem haben die Gewerkschaften in verschiedenen Branchen, darunter Luftfahrt, Tankstellen und Müllabfuhr, zu unbefristeten Streiks gegen das Vorhaben aufgerufen.
Die Verabschiedung der Reform rückt derweil näher. In der Nacht zu Donnerstag hatte der Senat den Kernpunkt der Reform, die Anhebung des Rentenalters von 62 auf 64 Jahre, mit 201 zu 115 Stimmen gebilligt. Außerdem nutzte Arbeitsminister Olivier Dussopt einen Verfassungsartikel, um die Debatte im Senat zu beschleunigen. Die Senatorinnen und Senatoren können nun nicht mehr über einzelne Artikel der Rentenreform abstimmen, sondern nur noch über das komplette Paket. Sie setzten ihre Beratungen am Samstagmorgen fort.
Noch bis Sonntag um Mitternacht hat der Senat Zeit für die Debatte. Anschließend geht der Text in den Vermittlungsausschuss. Die Regierung hofft auf eine endgültige Verabschiedung am kommenden Donnerstag, wobei sie auf die Stimmen der konservativen Republikaner angewiesen ist.
Präsident Macron steht in der Kritik, weil er sich aus der Debatte um die Rentenreform weitgehend herausgehalten hatte. In einem am Donnerstag veröffentlichten Schreiben an die Gewerkschaften signalisierte er Dialogbereitschaft, ohne aber konkret auf die wiederholte Bitte der Gewerkschaften um ein Treffen mit ihm einzugehen.
yb/mhe AFP