Die Bundesregierung wird nach "Spiegel"-Informationen keinen nationalen Sicherheitsrat gründen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hätten sich trotz monatelanger Verhandlungen nicht darüber einigen können, wo das neue Gremium angesiedelt werde, wer es führen und wie es besetzt werden solle, berichtete das Magazin am Samstag. Daher sei entschieden worden, das ganze Projekt nicht weiterzuverfolgen. Aus FDP und Union kam scharfe Kritik.
Die Idee sei vom Tisch, berichtete der "Spiegel" aus Verhandlungskreisen. Ein weiterer Streitpunkt war demnach die Festschreibung des Zwei-Prozent-Ziels bei den Ausgaben für Verteidigung in der neuen "Nationalen Sicherheitsstrategie". Das Ziel wird dem Bericht zufolge im aktuellen Entwurf des vertraulichen Papiers ausdrücklich erwähnt. Eine Kopplung steigender Ausgaben für Verteidigung an Investitionen in Diplomatie und Entwicklungszusammenarbeit, wie von den Grünen gefordert, finde sich darin aber nicht.
Uneinigkeit in der Regierung gab es zuletzt Berichten zufolge auch über die im Koalitionsvertrag vereinbarte umfassende "Nationale Sicherheitsstrategie". Sie soll ressortübergreifend Vorgaben für alle sicherheitspolitischen Herausforderungen geben.
FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff (Wikipedia) sagte dem "Spiegel": "Die Blockade des nationalen Sicherheitsrats durch Kanzleramt und Auswärtiges Amt ist aus Sicht der FDP enttäuschend, weil alle Beteiligten wissen, dass eine Verbesserung der Abläufe in der Außen- und Sicherheitspolitik überfällig ist." Für die FDP bleibe das Thema "definitiv" auf der Tagesordnung.
Unionsfraktionsvize Johannes Wadephul sprach von einem "sicherheitspolitischen Offenbarungseid". Er warf der "Ampel" Handlungsunfähigkeit vor, die "besorgniserregende Ausmaße" annehme. Der CDU-Politiker unterstrich die Notwendigkeit für einen Sicherheitsrat: "Eine zentrale Institution zur Vorausschau von Gefahren und Krisen sowie Koordinierung von deren Abwehr ist geradezu lebenswichtig für unseren Staat."
SPD und Grüne verteidigten hingegen die Entscheidung von Kanzleramt und Auswärtigem Amt. "Wenn es in Deutschland keinen nationalen Sicherheitsrat geben sollte, ist das weder überraschend noch problematisch", sagte SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner dem Magazin. Der Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin sagte, "neue bürokratische Wasserköpfe" seien nicht nützlich. Sie befeuerten nur "neue Konkurrenzen".
cha/yb AFP