Angesichts steigender Flüchtlingszahlen weiten Deutschland und Polen
ihre Kontrollen entlang der gemeinsamen Grenze aus.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte am Dienstag bei einem Besuch in Polen, beide Länder wollten "die Grenzkontrollen verstärken". Dazu solle mehr Personal eingesetzt, die gemeinsamen Kontrollen in Zügen und im Binnenflugverkehr sollten ausgeweitet werden. Stationäre Grenzkontrollen soll es aber weiter nicht geben.
Faeser zeigte sich bei dem Treffen mit dem stellvertretenden polnischen Innenminister Bartosz Grodecki in der Ortschaft Swiecko überzeugt, dass beide Länder so "dem neuen Migrationsdruck auch gemeinsam Herr werden". Dieser werde insbesondere über Belarus erzeugt und sei "ein Stück weit gesteuerter Migrationsdruck".
Polen wirft dem Russland-Verbündeten Belarus vor, die illegale Einreise von Migranten auf polnisches Gebiet zu organisieren. Als Reaktion errichtete Polen einen Stahlzaun entlang seiner Grenze mit Belarus.
Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU-Wikipedia) hatte Faeser aufgefordert, auch stationäre Grenzkontrollen zu errichten. Die Innenministerin lehnt dies ab und verweist auf drohende Staus, die den regen Pendlerverkehr über die Grenze stark beeinträchtigen würden. Stationäre Grenzkontrollen seien "ein großer Einschnitt in den Alltag vieler Menschen", betonte Faeser. "Pflegekräfte, Handwerker und viele andere Pendler, die tagtäglich auf beiden Seiten der Grenze tätig sind, wären hiervon betroffen."
Konkret vereinbarte Faeser mit der polnischen Seite einen stärkeren Informationsaustausch, mehr gemeinsame Streifen und mehr Personal in gemeinsamen Dienststellen. Das Bundesinnenministerium erklärte zu dem Besuch, die Bundespolizei habe ihre Schleierfahndung (Wikipediaerklärung) in der polnischen Grenzregion weiter intensiviert. Mehrere Hundertschaften seien zusätzlich im Einsatz.
Die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Andrea Lindholz (CSU-Wikipedia), erneuerte aber die Forderung nach fixen Grenzkontrollen. "Es braucht notifizierte stationäre und flexible Grenzkontrollen an der Grenze zu Polen", sagte sie der Zeitung "Welt" vom Dienstag.
"Offenbar kommt rund die Hälfte der Personen, die jeden Monat illegal über die deutsch-polnische Grenze einreisen, über Weißrussland in die EU", sagte Lindholz. "In einem autokratischen Staat wie Weißrussland sind Grenzübertritte in diesem Umfang kein Zufall. Es liegt nahe, dass diese illegalen Einreisen Teil einer Strategie sind, um die EU zu destabilisieren."
In den neun Monaten zwischen Juli 2022 und März 2023 registrierte die Bundespolizei 8687 unerlaubt nach Deutschland eingereiste Menschen mit Belarus-Bezug. Das geht laut "Welt" aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage von Lindholz hervor. 2021, als sich die Lage an der Grenze von Belarus und Polen zuletzt zugespitzt hatte, waren demnach im gesamten Jahr rund 11.000 Menschen unerlaubt über die Belarus-Route nach Deutschland eingereist.
mt/cha © Agence France-Presse