Bundespräsident Frank Walter Steinmeier hat das von der Ampel-Koalition
auf den Weg gebrachte Gesetz zur Wahlrechtsreform unterzeichnet.
Das bestätigte eine Sprecherin des Bundespräsidialamts am Donnerstagnachmittag in Berlin. Die Unionsfraktion teilte mit, sie werde gegen die Neuregelung wie angekündigt vor dem Bundesverfassungsgericht klagen.
Steinmeier habe das Gesetz "ausführlich geprüft", sagte seine Sprecherin auf Anfrage weiter. Dieser Prüfungsauftrag sei beschränkt auf die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes. Dabei hätten sich "keine Anhaltspunkte ergeben, die gegen eine Ausfertigung gesprochen hätten". Mit der amtlichen Veröffentlichung tritt das Gesetz nun in Kraft, das erstmals bei der für 2025 geplanten nächsten Bundestagswahl angewandt werden soll.
Durch den Gesetzentwurf soll die Zahl der Sitze im Bundestag fortan auf 630 begrenzt werden. Derzeit gibt es 736 Abgeordnete. Dazu soll die Zweitstimme mehr Bedeutung erhalten - Wahlkreisgewinner bekommen allerdings unter Umständen keinen Sitz im Bundestag. Dies könnte besonders die CSU treffen. Zudem soll die Grundmandatsklausel abgeschafft werden. Sie sorgt bisher dafür, dass Parteien mit mindestens drei gewonnenen Direktmandaten im Bundestag vertreten sei können, auch wenn sie an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Derzeit ist dies bei der Linkspartei der Fall.
"Die Abgeordneten der CDU/CSU -Fraktion werden nun zügig in Karlsruhe dagegen klagen", sagte der Parlamentsgeschäftsführer der Union, Thorsten Frei, den Zeitungen der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft. Er sprach von einem "Wahlrecht der betrogenen Wähler". Diese könnten nicht länger sicher sein, dass der von ihnen gewählte Kandidat auch in den Bundestag einziehe. "Das führt nur zu mehr Politikverdrossenheit", warnte Frei. Auch der Justiziar der Unionsfraktion, Ansgar Heveling, kündigte im Berliner "Tagesspiegel" einen Normenkontrollantrag gegen die Wahlrechtsreform an.
CSU-Generalsekretär Martin Huber (Wikipedia) bekräftigte, dass auch Bayern gegen die Neuregelung klagen werde. "Wir lassen nicht zu, dass die Ampel-Regierung Bayern strukturell schwächt", sagte er ebenfalls dem "Tagesspiegel". Das Ampel-Wahlrecht sei undemokratisch, missachte den Wählerwillen und benachteilige bayerische Wähler massiv. Die Unterzeichnung des Gesetzes durch Steinmeier nannte Huber einen "Fehler". "Wir werden alle Hebel nutzen, damit diese Manipulation des Wahlrechts gestoppt wird", erklärte auch der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt.
SPD, Grüne und FDP begrüßten, dass Steinmeier die Prüfung des Gesetzes mit positivem Ergebnis abgeschlossen habe. "Mit der Verkleinerung des Deutschen Bundestages entsprechen wir dem deutlichen Wunsch der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land", erklärte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese in Berlin. Die Blockade der Reform vor allem durch die Union sei damit beendet. Wichtig für das Vertrauen der Menschen sei "ein faires Wahlrecht, in dem jede Stimme gleich viel wert ist und das alle Parteien gleichermaßen betrifft".
Der SPD-Obmann in der Wahlrechtskommission, Sebastian Hartmann, bedauerte, dass keine breitere parlamentarische Mehrheit für das Vorhaben möglich gewesen sei. Es habe viele Versuche gegeben, auf die Union zuzugehen, sagte er der "Rheinischen Post.
"Ich hatte keine Zweifel, dass die Prüfung des Bundespräsidenten positiv ausfällt", schrieb Grünen-Parlamentsgeschäftsführer Till Steffen auf Twitter. Er betonte, die Koalition habe das Gesetz sorgfältig ausgearbeitet. "Die Wahlreform ist verfassungsgemäß. Nun tritt sie endlich in Kraft", schrieb Steffen weiter.
"Die Politik zeigt, dass sie sich selbst reformieren und den Bundestag verkleinern kann", schrieb auf Twitter FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle. "Einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht (Wikipedia) sollte man mit Gelassenheit entgegen sehen", fügte er hinzu.
bk/ju © Agence France-Presse