Der Bundestag kann das von der Ampel-Koalition beschlossene
Heizungsgesetz nicht wie geplant vor der Sommerpause verabschieden.
Das Bundesverfassungsgericht gab am Mittwoch einem Eilantrag des CDU-Abgeordneten Thomas Heilmann (Wikipedia) gegen das Gesetzgebungsverfahren statt. Die Karlsruher Richter gaben dem Parlament auf, die zweite und dritte Lesung des von der Bundesregierung beschlossenen Gesetzentwurfs zu verschieben. Die Fraktionsvorsitzenden der Ampel-Koalition wollen am Donnerstag über das weitere Vorgehen beraten, wie SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich (W) dem "Spiegel" sagte.
"Wir nehmen die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Kenntnis und werden diese Woche im Bundestag nicht mehr entscheiden", sagte Mützenich. Über das weitere Vorgehen und wann die zweite und dritte Lesung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG auf Wikipedia) stattfinden werde, "beraten die Fraktionsvorsitzenden der Ampel am Donnerstag". Unions-Fraktionschef Friedrich Merz (CDU) nannte die Entscheidung eine "schwere Niederlage" für die Bundesregierung.
Das Bundesverfassungsgericht erklärte in der Begründung der Entscheidung, es liege "auf der Hand", dass die Ausgestaltung des Gesetzgebungsverfahrens zum GEG die vom Grundgesetz garantierten Beteiligungsrechte des Abgeordneten "möglicherweise" verletzen könne.
Ende Juni hatte sich die Koalition aus SPD, Grünen und FDP nach wochenlangem Streit auf letzte Details des Heizungsgesetzes geeinigt. Der Gesetzentwurf sollte eigentlich noch in dieser Woche in der letzten regulären Sitzung des Parlaments vor der Sommerpause endgültig verabschiedet werden. Im Vergleich zum ursprünglich ins Parlament eingebrachten Entwurf gab es allerdings deutliche Änderungen.
Eilantragsteller Heilmann sah daher "massive Mängel" an dem Gesetz und beklagte eine "unzulässige Fristverkürzung", die es ihm als Abgeordneten unmöglich mache, die Vorlage zu prüfen. Heilmann hatte das Verfahren bei Einreichung des Eilantrags Ende Juni als "verfassungswidrig" bezeichnet und der Ampel-Koalition vorgeworfen, mit einem "Last-minute-Gesetzespaket" die Wärmewende zu ruinieren.
Der CDU-Politiker hatte dabei betont, sein Gang nach Karlsruhe richte sich "ausdrücklich nicht gegen das inhaltliche Ziel des Gesetzes, sondern gegen das sehr mangelhafte parlamentarische Verfahren".
Das Bundesverfassungsgericht gab dem Eilantrag nun mit fünf zu zwei Stimmen statt. Nach Ansicht der Richter überwiegt das "Interesse an der Vermeidung einer irreversiblen Verletzung" der vom Grundgesetz geschützten Beteiligungsrechte des CDU-Abgeordneten Heilmann den "Eingriff in die Verfahrensautonomie" des Bundestags. Das Gesetzgebungsverfahren werde schließlich durch die verschobene Abstimmung "lediglich verzögert".
In der Entscheidungsbegründung wird zudem die Möglichkeit einer Sondersitzung des Bundestags erwähnt, in der das Gesetz schon vor dem Ende der parlamentarischen Sommerpause verabschiedet werden könnte.
CDU-Chef Merz nannte die Entscheidung der Karlsruher Richter im Kurzbotschaftendienst Twitter eine "schwere Niederlage für die Bundesregierung von Olaf Scholz". Den "unsäglichen Umgang" der Ampel-Koalition mit dem Parlament sei "nun ein Riegel vorgeschoben" worden. Die Regierung wäre Merz zufolge "gut beraten", das Urteil zum "Innehalten zu nutzen".
Der erste parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU - auf Wikipedia), forderte, das Gesetz nach der Sommerpause neu aufzusetzen. "Das ganze verkorkste Gesetzgebungsverfahren muss auf null gestellt und ordentlich neu aufgesetzt werden", sagte Frei dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt (W) bezeichnete das Vorgehen der Koalition als "respektlosen Umgang mit den Parlamentsrechten und der Öffentlichkeit", dem Karlsruhe nun ein "Stoppschild" aufgestellt habe. Die Ampel solle "in sich gehen" und das "Murks-Gesetz endlich einstampfen", sagte Dobrindt mit Blick auf das Heizungsgesetz der Nachrichtenagentur AFP.
SPD-Fraktionsvize
Matthias Miersch (W) gab sich mit Blick auf die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts gelassen. Diese betreffe "nicht den Inhalt des
Gesetztes", sagte Miersch der "Rheinischen Post". Über eine
Sondersitzung des Bundestages müsse "nun beraten werden".
© Agence France-Presse