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Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) ѡ hat die Zusammensetzung des ersten vom Parlament beschlossenen Bürgerrats ѡ ausgelost.
Sie bestimmte am Freitag per Lotterieverfahren die 160 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die sich ab Ende September mit dem Thema "Ernährung im Wandel" befassen sollen.
Die Demokratie brauche "frische Ansätze, um das Vertrauen in die etablierten Institutionen zu stärken", sagte Bas zum Auftakt der "Bürgerlotterie". Sie hatte zuvor in der ARD Θ das Vorhaben gegen Kritik verteidigt. Bürgermeinungen würden dadurch "ins Parlament geholt". Ein solches Gremium könne die "Kluft" zwischen Bevölkerung und Parlamentariern wieder etwas zu verkleinern. Bürgerräte seien aber kein "Nebenparlament", am Ende entscheide weiterhin stets der Bundestag.
Konkret geht es um Themen wie die Kennzeichnung von Lebensmitteln mit Blick auf Tierwohl- und Umweltstandards sowie um Preise und Besteuerung von Nahrungsmitteln. Auf der Agenda stehen zudem Konzepte gegen Lebensmittelverschwendung.
Bas hatte Mitte Juni rund 19.300 zufällig ausgeloste Bürgerinnen und Bürger aus 84 ebenfalls per Zufall bestimmten Gemeinden zur Teilnahme eingeladen. 2220 zeigten Interesse. Ein Algorithmus ermittelte darauf 1000 mögliche Zusammensetzungen eines Bürgerrates, von denen Bas über das Ziehen von drei Ziffern nun eine auswählte. Gewinner war der Bürgerrat mit der Nummer 187.
Der Bürgerrat soll dabei ein möglichst repräsentatives Bild der Gesellschaft abbilden. Kriterien waren deshalb geografische Herkunft, Geschlecht, Alter, Gemeindegröße und Bildungsstand. Zudem wird sichergestellt, dass auch Veganer und Vegetarier entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil vertreten sind.
Der Bürgerrat wird am 29. September 2023 feierlich eingesetzt. Vorgesehen sind insgesamt drei Wochenendsitzungen in Präsenz. Hinzu kommen sechs digitale Abendveranstaltungen. Der Bürgerrat soll bis zum 29. Februar 2024 ein Gutachten mit Handlungsempfehlungen vorlegen.
Kritik an der Einführung von Bürgerräten kam im Vorfeld insbesondere aus der Union. Deren Vertreter warnten vor einer schleichenden Aushöhlung des Konzepts der repräsentativen Demokratie durch eine Entparlamentarisierung. Darunter wird ein Prozess verstanden, bei dem die Entscheidungsfindung faktisch aus einem Parlament in von der Verfassung nicht vorgesehene Gremien wie Koalitionsrunden oder Fachkommissionen verlagert wird.
"Heute ist kein guter Tag für die parlamentarische Demokratie in Deutschland", schrieb der CSU-Abgeordnete Volker Ulrich am Freitag auf Twitter. Demokratie dürfe "keine Frage des Zufalls sein". Nötig sei "eine Stärkung des Bundestags und nicht seine Schwächung".
Deutschland habe längst Bürgerräte - "nämlich die Parlamente in Bund und Ländern", erklärte seinerseits der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Götz Frömming ѡ . Es sei naiv zu glauben, Bürgerräte könnten "annähernd das Volk ersetzen oder für das Volk sprechen". Die AfD fordere deshalb "die Einführung von bundesweiten Volksentscheiden statt dieser pseudodemokratischen Demokratiesimulation".
Die Linksfraktion ѡ unterstützte die Bürgerräte grundsätzlich, sprach sich aber dafür aus, die Ergebnisse der Beratungen "verbindlicher" zu machen. "Es darf nicht sein, dass mühsam erarbeitete Handlungsempfehlungen anschließend im Ampel-Streit untergehen", erklärte Parlamentsgeschäftsführer Jan Korte ѡ . Er forderte generell "mehr Elemente direkter Demokratie, "damit die Bevölkerung mehr Macht bekommt als die Konzernlobbyisten", die mit Parteispenden Einfluss auf die Gesetzgebung nähmen.
mt/pw © Agence France-Presse