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Keine Auszubildenden mehr

Immer mehr Betriebe finden nicht genügend Auszubildende

"Jung, brutal gut ausgebildet": Mit Sprüchen wie diesen werben Industrie und Handel in den Online-Netzwerken um Auszubildende. Denn knapp die Hälfte der Unternehmen findet nicht genügend Nachwuchs, wie eine Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) ergab. Das sei ein neues Allzeithoch. Hauptgrund ist der demografische Wandel: "Die Jahrgänge dünnen immer weiter aus."

Heute gebe es 100.000 Schulabgänger weniger als noch vor zehn Jahren, sagte der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks bei der Vorstellung der Umfrage am Mittwoch. Weitere Gründe für den Lehrlingsmangel sind die mangelnde berufliche Orientierung vieler junger Menschen sowie zehntausende Jugendliche pro Jahr, denen Fähigkeit oder Qualifikation für eine Ausbildung fehlt. 

"Es gibt eine Zwischenphase nach dem Schulabschluss, in der viele junge Menschen noch nicht wissen, was sie machen sollen", beschrieb Dercks. "Sie gehen auf Reisen, jobben oder bleiben erst einmal ohne Beschäftigung zuhause." Aus Sicht der Betriebe sei das eine "verlorene Zeit". Acht von zehn Unternehmen wollen daher mehr für die berufliche Orientierung tun - 61 Prozent wollen mehr Praktikumsplätze anbieten, auch für kürzere Zeiten, 48 Prozent an Informationsveranstaltungen teilnehmen. 

Die Betriebe gehen laut Dercks auch "immer häufiger" auf die Bedürfnisse der Azubis ein - 62 Prozent der Firmen gaben an, sie böten Arbeiten in flachen Hierarchien an, 49 Prozent moderne IT-Techniken. Vier von zehn Unternehmen wollen Azubis mit finanziellen Anreizen gewinnen - auch mit Zuschüssen zu Fahrtkosten oder zum Wohnen. Denn oft ist es sehr schwierig, am Ausbildungsort überhaupt eine Unterkunft zu finden.  

Das Zeugnis spiele bei der Vergabe von Ausbildungsplätzen immer weniger eine Rolle, sagte Dercks. Es sei für die Betriebe gar nicht so aussagekräftig - sie schauten lieber, ob jemand geeignet sei, auch in punkto soziale Fähigkeiten. 

Es gibt laut DIHK immer mehr "junge Menschen mit Startschwierigkeiten". Fast 50.000 Jugendliche verlassen pro Jahr ohne Abschluss die Schule, weitere 50.000 "tun sich schwer" in einer Berufsausbildung, wie Dercks sagte. Dazu gehören viele mit Migrationshintergrund, vor allem Flüchtlinge. Viele wüssten gar nicht, wie das deutsche Ausbildungssystem funktioniert.

Vier von fünf Betrieben gaben in der Umfrage des Verbandes an, sie wollen sich hier stärker engagieren: 35 Prozent haben demnach ein eigenes Nachhilfeangebot, 28 Prozent nutzen ausbildungsbegleitende Hilfen der Bundesagentur für Arbeit, 14 Prozent bieten Einstiegsqualifizierungen an und sechs Prozent setzen die Assistierte Ausbildung ein - das Arbeitsamt beauftragt einen Bildungsträger, Unterstützung zu leisten. Den Betrieben sei diese Möglichkeit aber oft zu bürokratisch, sagte Dercks.  

Er warb vor allem für mehr Engagement - der Eltern, der Schulen, der Betriebe. So gebe es etwa Runde Tische, an denen Schulen und Betriebe Praktikumszeiten absprechen. Oder das Format "Fünf Tage fünf Berufe" zum Ausprobieren für junge Menschen. Es gebe Seniorexperten, die Jugendliche in der Ausbildung ehrenamtlich begleiten.

"Engagement lohnt sich", sagte Dercks: Nach einer Wasserstandsmeldung der Industrie- und Handelskammern (IHK) wurden bis Ende Juli knapp 207.000 neue Ausbildungsverträge im IHK-Bereich gezählt, das sind 3,7 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. "Ein Silberstreif am Horizont, aber keine Entspannung", sagte Dercks. Für den Ausbildungsreport wurden rund 14.000 Firmen befragt.

Die Zahl neuer Ausbildungsverträge insgesamt liegt auf historisch niedrigem Niveau. Im vergangenen Jahr wurden laut Statistischem Bundesamt knapp 470.000 Verträge für eine duale Berufsausbildung abgeschlossen. Im Jahr 2021 verließen laut der aktuellsten Statistik rund 767.000 Schülerinnen und Schüler die allgemeinbildenden Schulen. 

ilo/hcy © Agence France-Presse



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