Potsdam haben Politikerinnen und Politiker von Koalition und Union im Bundestag zur Verteidigung der Demokratie in Deutschland aufgerufen. "Wir nutzen alle Instrumente, die unserer wehrhaften Demokratie zur Verfügung stehen", kündigte Innenministerin Nancy Faeser (SPD) in der Aktuellen Stunde ein hartes Vorgehen an. Derweil veröffentlichte Correctiv weitere Rechercheergebnisse.
Rechtsextreme wollten, "dass Abstammung und Herkunft entscheiden, wer zu Deutschland gehört und wer nicht. Das werden wir nicht zulassen", sagte Faeser. Als mögliche Instrumente nannte sie "die Mittel des Strafrechts genauso wie Vereinsverbote". Zudem solle der Staat "die Finanzströme dieses Milieus trockenlegen". Auch sei es "richtig und notwendig, dass der Verfassungsschutz die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall genau beobachtet".
"Die AfD will Millionen Menschen aus der Mitte der Gesellschaft aus diesem Land vertreiben", sagte Klingbeil mit Blick auf die Beteiligung von AfD-Mitgliedern an dem Potsdamer Treffen. Die Menschen aber, die derzeit gegen solche Pläne auf die Straße gehen, seien "stärker als die AfD", hob er hervor.
"Ich finde es richtig, mit aller Klarheit, aller Konsequenz diese schlimmen Umtriebe als das zu brandmarken, was sie sind", sagte CDU/CSU-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei mit Blick auf das Potsdamer Treffen. Weiter sagte er jedoch, die hohen Umfragewerte für die AfD hingen "entscheidend damit zusammen, dass 80 Prozent der Menschen nicht glauben, dass diese Regierung eine Politik macht, die gut für unser Land ist". Dies führte zu Zwischenrufen aus den Ampel-Fraktionen.
"Mit dem Geheimtreffen in Potsdam werden die barbarischen Pläne einer massenhaften Deportation klar und offensichtlich für alle", sagte Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann. Den AfD-Abgeordneten warf sie vor, genauso zu denken wie die Teilnehmenden des Potsdamer Treffens: "Sie nennen sich Patrioten, aber sie verachten unsere Demokratie und ihr vielfältiges Gesicht."
Der FDP-Politiker Konstantin Kuhle warnte davor, die politische Debatte in Deutschland "von der AfD bestimmen zu lassen". Kein Abschiebegesetz werde "den völkischen Nationalisten jemals genug sein". Daher sei es wichtig, auch bei der Migrationsdebatte "auf Maß und Mitte zu achten".
Die Linken-Politikerin Martina Renner sagte offensichtlich mit Blick auf ein AfD-Verbot: "Es ist an uns als Parlament, diese Reißleine zu ziehen."
Für die AfD sprach deren Parlamentsgeschäftsführer Bernd Baumann von einer "Diffamierung unserer Partei". Weiter sprach er von "Millionen kulturfremder Asylanten", die nach Deutschland strömen würden, und warf der Ampel-Regierung vor, "das Land gegen die Wand" zu fahren.
Recherchen des Netzwerks Correctiv zufolge hatten sich AfD-Politiker, Neonazis und Unternehmer im November 2023 in einem Hotel nahe Potsdam getroffen, um die Vertreibung von Millionen Menschen mit Zuwanderungsgeschichte aus Deutschland zu besprechen. Gäste waren unter anderem der inzwischen entlassene persönliche Referent von Parteichefin Alice Weidel, Roland Hartwig, und der AfD-Fraktionsvorsitzende in Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, außerdem zwei CDU-Mitglieder.
Laut Correctiv war auch der Mitarbeiter des aus Sachsen-Anhalt stammenden AfD-Bundestagsabgeordneten Jan Wenzel Schmidt dabei. Dieser nannte den Recherchen zufolge nicht nur die Antifa, sondern auch Politiker, Journalisten und "linke Zivilgesellschaft" als seine Feinde. Zudem brüstete er sich den Recherchen zufolge damit, einen Schlägertrupp auf einen linken Aktivisten angesetzt zu haben. Später habe er dies bestritten. Nach MDR-Angaben war zudem der Fraktionsgeschäftsführer der AfD im Landtag von Sachsen-Anhalt, Patrick H. Gast bei dem Treffen.
Linken-Parteivize Ates Gürpinar forderte mit Blick auf den Mitarbeiter des Bundestagsabgeordneten Wenzel, es müsse "geprüft werden, ob es in der AfD-Fraktion weitere solche Fälle gibt".
Die Politikerin Sahra Wagenknecht legte am Mittwochabend in der ZDF-Sendung "Markus Lanz" offen, sie habe sich jahrelang mit dem Initiator des Potsdamer Treffens, Gernot Mörig, "nette Mails" geschrieben. Sie habe aber "nicht gewusst, dass er ein Rechtsradikaler ist", sagte sie.
Für das Wochenende wurde in mehreren Städten erneut zu Demonstrationen gegen die AfD und Pläne für eine "Remigration" aufgerufen. In Berlin veröffentlichte ein Bündnis "gemeinsam-hand-in-hand" einen Aufruf für eine "Brandmauer gegen Rechts", für Menschenwürde und gegen Ausgrenzung.
bk/cha © Agence France-Presse