Rechtsextremismus protestiert. Allein in Berlin seien am Sonntag 350.000 Menschen auf die Straße gegangen, teilten das Netzwerk Campact und Fridays for Future mit, die dort Mitveranstalter waren. In München sprachen die Veranstalter von rund 250.000 Teilnehmenden. Zusammen mit den Demonstrationen am Freitag und Samstag errechneten die Organisation eine Gesamtzahl von 1,4 Millionen Teilnehmenden.
Laut Campact gab es allein am Sonntag mindestens 40 Kundgebungen in ganz Deutschland, teils auch in kleineren Orten. Campact-Vorstand Christoph Bautz sprach von einem "Wochenende der Hoffnung".
Die Großdemonstration in München wurde am Nachmittag aus Sicherheitsgründen abgebrochen, da der Veranstaltungsbereich völlig überfüllt war. Die Polizei nannte in Berlin zunächst eine Zahl von etwa 100.000 Teilnehmenden, ebenso viele auch in München.
In Berlin strömten am Sonntagnachmittag so viele Menschen zu der Demonstration, dass die Versammlungsfläche erweitert wurde. U-Bahn-Stationen und Brücken wurden wegen des Andrangs gesperrt.
Bei der Demonstration in Köln herrschte ebenfalls großer Andrang. Die Veranstalter sprachen von 70.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. NRW-Vizeministerpräsidentin Mona Neubaur (Grüne) sagte dem WDR, die Menschen im Land zeigten, "dass sie unsere Demokratie wehrhaft verteidigen".
In Bremen nahmen laut Veranstaltern und Polizei 40.000 bis 50.000 Menschen teil. In Leipzig schätzten die Organisatoren die Teilnehmerzahl auf mehr als 40.000.
In Dresden wurde wegen der "enormen Teilnehmerzahl" laut Polizei ebenfalls die ursprüngliche Aufzugsstrecke verlängert. Ein Polizeisprecher sagte, es seien mehrere Tausend Menschen unterwegs, die Veranstalter sprachen von 50.000. Im brandenburgischen Cottbus nahmen nach Veranstalterangaben mehr als 5000 Menschen an der Demonstration teil.
Bereits am Freitag und Samstag hatten in zahlreichen deutschen Städten insgesamt hunderttausende Menschen demonstriert. Die größten Kundgebungen fanden am Samstag in Frankfurt am Main, Hannover und Dortmund statt. Am Freitagabend war bereits eine Demonstration in Hamburg wegen Überfüllung vorzeitig beendet worden. Hier wurde als Teilnehmerzahl bis zu 160.000 genannt, die Polizei sprach von mehr als 50.000.
Spitzenpolitiker unterschiedlicher Parteien stellten sich hinter die Kundgebungen. "Die hohe Beteiligung an den Demonstrationen, besonders in Halle, ist ein starkes Signal gegen Rechtsextremismus und für ein demokratisches Miteinander, auf das wir mit Stolz blicken können", sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) der "Mitteldeutschen Zeitung" (Montagsausgabe).
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte in einer Videobotschaft zu den Demonstrationen: "Diese Menschen machen uns allen Mut." Sie verteidigen "unsere Republik und unser Grundgesetz gegen seine Feinde."
Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) begrüßte die Proteste. Es sei "beeindruckend zu sehen, wenn jetzt viele Menschen" auf die Straße gingen und "Flagge zeigen für unsere Demokratie", sagte Habeck am Sonntag der "Augsburger Allgemeinen".
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte der "Rheinischen Post" (Montagsausgabe): "Dass mehrere Hunderttausend Menschen Gesicht zeigen und gerade jetzt unsere Demokratie aktiv verteidigen, das ist ein sehr ermutigendes Zeichen."
Im TV-Sender "Welt" zeigte sich der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, erfreut darüber, dass die Ereignisse in Potsdam die Menschen im Land wachgerüttelt hätten. Für Jüdinnen und Juden sei dies ein Bild, "das wieder Vertrauen in die demokratischen Verhältnisse in der Bundesrepublik schaffen kann."
Anlass für die Proteste sind Enthüllungen des Netzwerks Correctiv über ein rechtsextremes Geheimtreffen in Potsdam. Dort war demnach über Pläne für eine massenhafte Abschiebung von Menschen mit Migrationshintergrund beraten worden sowie von weiteren aus Sicht der Teilnehmenden unwerwünschten Deutschen. Unter anderem nahmen Mitglieder der AfD und der rechtskonservativen Werteunion teil. Die Demonstrationen richten sich aber auch grundsätzlich gegen ein Erstarken des Rechtsextremismus.
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