Nach den USA, Großbritannien und anderen Ländern setzte am Wochenende auch die Bundesregierung ihre Unterstützung für das Hilfswerk vorerst aus. UN-Generalsekretär António Guterres appellierte an die Geldgeber, ihre Finanzhilfen nicht gänzlich einzustellen. Derweil machen die Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung von Hamas-Geiseln offenbar Fortschritte.
Zwölf Mitarbeiter des Hilfswerks stehen im Verdacht, in den brutalen Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober verwickelt gewesen zu sein. Als Konsequenz kündigten Länder wie die USA, Kanada, Australien, Großbritannien, Finnland und Italien an, ihre Hilfszahlungen auszusetzen. Am Samstagabend erklärte auch die Bundesregierung, dass sie bis zum Ende der Aufklärung der Vorwürfe keine neuen Mittel für das UNRWA im Gazastreifen bewilligen werde.
Das Auswärtige Amt und das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) ѡ Θ hoben in einer gemeinsamen Mitteilung hervor, dass derzeit ohnehin keine neuen Zusagen für das UN-Hilfswerk anstünden. Zudem betonten sie, dass die Rolle des UNRWA "für die Grundversorgung der palästinensischen Bevölkerung lebenswichtig" sei.
UNRWA-Chef Philippe Lazzarini Θ übte scharfe Kritik an der Entscheidung der Geberländer. "Es ist schockierend, dass die Mittel für das Hilfswerk als Reaktion auf die Anschuldigungen gegen eine kleine Gruppe von Mitarbeitern ausgesetzt wurden", erklärte er.
UN-Generalsekretär Guterres appellierte an die Geldgeber, "zumindest die Kontinuität der Arbeit des UNRWA zu gewährleisten". Das Leben von zwei Millionen Menschen im Gazastreifen hänge von der Unterstützung des UN-Hilfswerks ab, das ohne weitere Finanzmittel bereits im Februar seine Arbeit einschränken müsse, erklärte Guterres. Er verstehe zwar die Bedenken und sei selbst "entsetzt" über die Anschuldigungen gegen die UNRWA-Mitarbeiter, die übrigen Angestellten des Hilfswerks dürften dafür aber nicht bestraft werden.
Die UNO leitete Ermittlungen gegen die beschuldigten Mitarbeiter ein. Guterres zufolge wurden neun von ihnen entlassen. Einer von ihnen sei tot und die Identität der beiden anderen werde noch geklärt.
Israel geht das Aussetzen der Hilfszahlungen nicht weit genug. "Herr Lazzarini, bitte treten Sie zurück", schrieb Außenminister Israel Katz im Onlinedienst X, vormals Twitter. Seine Regierung werde dafür sorgen, dass das UN-Hilfswerk nach dem Ende des Krieges im Gazastreifen keine Rolle mehr in dem Palästinensergebiet spielen werde.
In den Verhandlungen um eine Feuerpause in dem Krieg zeichneten sich unterdessen Fortschritte ab. Laut einem Bericht der "New York Times" näherten sich Unterhändler unter Führung der USA einer Vereinbarung, welche die Freilassung von mehr als hundert Hamas-Geiseln vorsehe. Im Gegenzug soll Israel demnach seinen Militäreinsatz im Gazastreifen für rund zwei Monate aussetzen. Wie die US-Zeitung unter Berufung auf einen US-Regierungsvertreter weiter berichtete, sollte der Entwurf für ein solches Abkommen am Sonntag in Paris diskutiert werden.
Ende November waren im Zuge einer von Katar, Ägypten und den USA vermittelten einwöchigen humanitären Feuerpause 105 Hamas-Geiseln im Gegenzug für 240 in Israel inhaftierte Palästinenser freigekommen. Nach Angaben der israelischen Behörden sind 132 Geiseln noch immer in der Gewalt der Hamas, 28 von ihnen sollen tot sein.
Israel setzte seine Offensive am Wochenende fort, die Armee sprach von "intensiven Kämpfen" in Chan Junis im Süden des Palästinensergebiets.
Dabei seien "Terroristen eliminiert und große Mengen Waffen beschlagnahmt" worden, erklärte die Armee. Schwere Gefechte wurden unter anderem rund um zwei Krankenhäuser in Chan Junis gemeldet. Auch im Norden und im Zentrum des Gazastreifens griff die israelische Armee nach eigenen Angaben mehrere Ziele an.
Die radikalislamische Hamas hatte bei ihrem brutalen Großangriff am 7. Oktober auf Israel nach israelischen Angaben etwa 1140 Menschen getötet und rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Israel geht seither massiv militärisch im Gazastreifen vor, erklärtes Ziel ist die Zerstörung der Hamas. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die nicht unabhängig überprüft werden können, wurden im Gazastreifen bislang mehr als 26.400 Menschen getötet.
bfi/gt Mai YAGHI / © Agence France-Presse